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Ägypten: Probleme über und unter Wasser

Hainetze Sharm el Sheikh

Hainetze Sharm el Sheikh

Hainetze Sharm el Sheikh

Jetzt liegt die Messe boot 2011 gerade hinter uns, aber im Gegensatz zu vielen Ausstellern herrscht wenig Jubel bei jenen, die Reisen- und Safaris in Ägypten anbieten. Der  vehement auf die Straße getragene Protest gegen eine seit vielen Jahren ungeliebte Regierung ließ sich auch nicht mit einem einmaligen Akt – der Abschaltung des ägyptischen Internets – verheimlichen.

Doch das merkten im Land eher die Bewohner der Metropolen denn jene, die in den Resorts von El Gouna bis Zabargad arbeiten und einen müden bis oft gar nicht funktionierenden Internetzugang mit zornigem Gleichmut ertragen.
Ägypten ist ein Wüstenstaat, dessen Bevölkerung sich im Kern auf Städte wie Kairo, Alexandria oder Suez verteilt. Dort spielt, abgesehen von den Pyramiden, der Tourismus eine untergeordnete Rolle.
Man tummelt sich am Roten Meer, das auch die klassischen Strandurlauber des Mittelmeers in immer größerer Zahl für sich gewinnen konnte. Gut 80% der Staatseinnahmen generiert Ägypten aus dem Tourismus und so darf man davon ausgehen, dass nicht einmal die Dümmsten, die ein Zipfelchen neuer Macht zwischen den Fingern zu halten glauben, hier einen kapitalen Fehler begehen würden, diese über Jahrzehnte mühsam aufgebaute Industrie zu zerstören. Das kann man sich auch gar nicht leisten, denn viele Ägypter sind von den Beschäftigungsverhältnissen in Resorts, Basen und Safarischiffen existenziell abhängig. Da gibt es kein soziales Netz, das sie auffangen würde und kein Wüsten - Hartz 4, das verhindern würde, dass aufgrund sozialer Missstände weitere Protestherde geschaffen werden. Wem man nichts mehr nehmen kann, der hat auch nichts mehr zu verlieren, deshalb wird man sich den Schutz der touristischen Einrichtungen sicherlich zuoberst auf die Todo – Liste setzen, egal, wer die Regierung führt.
Die von uns befragten Insider teilten übereinstimend die Meinung, dass die touristischen Zentren entlang des Roten Meeres von den Protesten verschont bleiben würden – siehe auch unsere Video – Messenews mit Johann Vivian / SUBEX.
Am Frühstückstisch im Hotel erzählte der Geschäftsführer eines Tauchverbands, dass er die für April geplante Tauchlehrerprüfung am Roten Meer absagen und nach einem Ausweichziel suchen werde.
Ich beurteilte dies zwar als etwas voreilig und bis April ist es noch eine Weile, die verantwortliche Haltung für die Gruppe kann ich jedoch verstehen.
Dennoch hat gerade heute unsere Technikredakteurin einen Flug und eine zweiwöchige Safari gebucht, die Ende Februar stattfinden soll. Sie hat sich in der Vergangenheit in so vielen als unsicher geltenden Ländern aufgehalten, dass sie die ägyptische Variante nicht abschrecken kann.
Und auch wir haben redaktionell zwei Produktionen am Roten Meer eingeplant und sehen augenblicklich keinen Grund, das vorläufig auf Eis zu legen.
Viel wichtiger wäre, wenn man in Ägypten, rund um CDWS und Hepca die Pläne auf Eis legen würde, die Strände vor Sharm mit so genannten Hainetzen abzuriegeln. Aber das uns übermittelte Bildmaterial zeigt, dass man bereits daran arbeitet, das küstennahe Meer zu einer Unterwasserwüste zu machen. Weder die Fachleute von Sharkproject oder einer ins Land gerufenen internationalen Expertenkommission, darunter Haiforscher Dr. Erich Ritter, konnten verhindern, dass dieser ökologische Unfug in die Tat umgesetzt wird. Da bleibt übergreifend die Frage im Raum, wie beratungsresistent hier lokale Wissenschaftler und Entscheidungsträger sein müssen, alle klaren Fakten und Erkenntnisse in den Wind zu schlagen. Jetzt gibt es eine aufwendige und kostspielige Lösung, die im Sandkasten und nicht auf dem Golfplatz geboren wurde. Das hat also keine intellektuellen Hintergründe, vielmehr soll durch deutlichen Aktionismus der Tourismusbranche klar gemacht werden, dass die Sicherheit der Gäste vor Haien oberste Priorität hat.
Allerdings kam ein neues Problem hinzu, über Wasser und das wird sich nur mit Intelligenz und nicht mit Netzen lösen lassen.

Videonews zu den Entwicklungen in Sharm mit Gerhard Wegner / Sharkproject und Dr. Erich Ritter