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Deutsche holt überraschend Bronze in der Apnoe Weltmeisterschaft in Ägypten

by A. v. Boetticher 11.07

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© A. v. Boetticher

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Der Deutschen  Anna v. Boetticher gelang ein Rundumschlag, nachdem sie in ihrem ersten Wettkampf, der Britischen Meisterschaft im Juli, überraschenderweise den zweiten Platz erlangte, konnte sie jetzt nachlegen - 5 deutsche Rekorde und eine Bronze - Medaille in zwei Wochen.

Die Rekordserie begann Mitte Oktober im Triple Depth Wettkampf in Dahab, Ägypten, in dem alle drei Tiefen-Disziplinen ausgetragen werden. Der Triple Depth findet regelmäßig an einem der schönsten Tauchplätze Ägyptens statt: dem weltbekannten „Blue Hole“. Dieses Jahr war das Starterfeld von besonders hohem Kaliber: 40 Athleten aus 19 Nationen, inklusive den Weltrekordhaltern Herbert Nitsch aus Österreich und Sara Campbell aus England, versuchten mit nur einem Atemzug möglichst tief zu tauchen. Die Neueinsteigerin Anna v. Boetticher, die erst im März mit dem Apnoe-Sport angefangen hat, konnte mit sauberen Tauchgängen überzeugen und in drei Tagen alle drei deutschen Rekorde brechen.

Zunächst wurde Free Immersion (FIM) getaucht - in dieser Disziplin ziehen sich die Athleten am Führungseil herunter und mit eigener Kraft wieder hoch. Die Berlinerin hatte bisher nur einen einzigen FIM Tauchgang absolviert – im Wettkampf erreichte sie ohne Probleme 50m, und verbesserte damit den Deutschen Rekord um 5m. An den beiden folgenden Tagen fanden die Disziplinen Konstantes Gewicht mit Flossen und Konstantes Gewicht ohne Flossen statt – die Taucher müssen ohne Hilfsmittel und ohne das Seil zu berühren in die Tiefe schwimmen. Unten ist eine Plakette angebracht, die der Athlet zum Beweis der erreichten Tiefe mit nach oben bringt. Anna konnte beide Rekorde um zwei Meter verbessern: Konstantes Gewicht mit Flossen von 50 m auf 52 m, Konstantes Gewicht ohne Flossen von 33 m auf 35 m.

Mit diesen Erfolgen im Rücken schien ein gutes Ergebnis in der kurz darauf stattfindenden 4. Aida Apnoe Weltmeisterschaft in Sharm El Sheik, Ägypten, in greifbare Nähe gerückt.  In der Vorbereitung hatte Anna jedoch Schwierigkeiten: „Als ich in Sharm ankam, war ich noch ausgepowert und müde vom Triple Depth Wettkampf – drei Rekorde in drei Tagen waren für einen Neueinsteiger wie mich sehr anstrengend. Noch dazu verschlechterte sich das Wetter dramatisch, so dass wir in Sharm mit äußerst schwierigen Bedingungen zu kämpfen hatten. Das machte sich auch in meinem Training bemerkbar - auf einmal ging gar nichts mehr. Zwei Tage vor dem ersten Wettkampf der Damen habe ich beschlossen auszuruhen und mir die Leistung für den Wettkampf selbst aufzuheben.“

In Sharm El Sheik waren 103 Apnoe-Taucher aus 36 Ländern am Start. Die Deutsche ging ein Risiko ein und tauchte am WM-Tag überraschenderweise 55m in die Tiefe – sie verbesserte damit ihren eigenen Rekord nochmals um drei Meter und belegte in der Disziplin Konstantes Gewicht den siebten Platz in der WM. „Was im Training einfach unmöglich schien hat am Tag selber problemlos geklappt – als ich in 55m Tiefe meine Plakette abriss war mein erster Gedanke: ‚da wäre auch noch mehr gegangen’.“

Noch spannender zeigte sich der zweite WM-Tag, mit der Kategorie Konstantes Gewicht ohne Flossen. In dieser Disziplin schwimmen die Athleten im abgewandelten Brustschwimmstil nach unten – das ist kräfteraubend und erfordert besonders gute Technik. Anna riskierte noch einmal alles: „Die 38 Meter zu tauchen war definitiv riskant – drei Meter tiefer als ich in dieser Disziplin je erreicht hatte! Ich wusste nicht, ob ich es aus dieser Tiefe ohne Disqualifikation wieder nach oben schaffen kann und war deshalb auch ziemlich nervös. Zum Glück war auch dieser Tauchgang überraschend einfach – ich weiß selbst nicht, wo das herkommt.“

Wie schwer es ist ohne Flossen zu tauchen zeigten die vielen Athleten die sich an diesem Tag übernommen hatten. Als eine der wenigen Damen, die eine gute Leistung bringen konnten, belegte die Wahl-Berlinerin mit 38 m den dritten Platz und erlangte als erste deutsche Frau in einer Individual-Apnoe-WM eine Medallie. Gold ging bei den Frauen an Sara Campbell (Konstates Gewicht) und die Tschechin Jarmila Slovencikova (Konstantes Gewicht ohne Flossen), bei den Herren in beiden Disziplinen an Herbert Nitsch.

Anna v. Boetticher, die zwischen London und Berlin pendelt, will sich auf ihren Lorbeeren nicht ausruhen. Sie hat vor sich im Winter auf die Schwimmbad - Disziplinen zu konzentrieren und im Februar an der Berliner Meisterschaft teilzunehmen. „Ich hoffe ich kann mich nächstes Jahr weiter verbessern. Vor allem wünsche ich mir noch andere starke deutsche Frauen bei internationalen Wettkämpfen zu sehen.“

Zusätzliche Informationen:

Über Anna v. Boetticher

Anna v. Boetticher ist 37 Jahre alt. In München aufgewachsen, lebte sie längere Zeit in London, zog später nach Berlin und pendelt heute zwischen beiden Städten. Sie betreibt seit knapp zwei Jahren einen Buchladen in Kreuzberg. Ihre Taucher - Laufbahn ist schon lang, mit siebzehn erlangte sie ihr erstes Brevet (CMAS). Darauf folgten einige hundert Tauchgänge. 1995 machte sie schließlich ihren Divemaster und arbeitete eine Zeit lang als Guide bei Calypso Divers in Phuket, später auch im Red Sea College in Sharm El Sheikh. Inzwischen ist sie PADI Staff Instructor und häufig bei IDC’s in Berlin im Einsatz.

Nach vielen Tauchgängen als Guide und Instructor beschloss sie, sich eine neue Herausforderung zu suchen und qualifizierte sich 2001 als TDI Trimix-Taucher (tiefes Tauchen mit Helium-Luft Gemischen), später kam noch der TDI Inspiration Rebreather dazu. Eine ganze Reihe von Tauchgängen an der 100 m Marke (bis zu 130m) folgten, ferner hatte sie in England die Gelegenheit in einem 28 Meter tiefen Tauchturm ihren ersten Apnoe Kurs zu machen. Zunächst war Apnoe nur als zusätzliche Erfahrung mit potentiellem Bonus beim Tieftauchen gedacht. Die Begeisterung für diesen Sport steigerte sich aber so schnell, dass sie im März 2007 in Dahab innerhalb einer Woche die AIDA** und AIDA*** Brevets absolvierte und sich schon Ende Juli für die WM qualifizierte.

Kontakt ,eMail: aboetticher@hotmail.com


Freitauchen

Apnoe, Freitauchen oder auch ‚Freediving’, wie dieser Sport im Englischen genannt wird, ist eine Extremsportart die in letzter Zeit stark an Popularität gewonnen hat. Jedes Jahr kommen mehr und mehr Leute zu Tauchplätzen wie dem Blue Hole in Dahab um herauszufinden wie tief sie mit einem Atemzug tauchen können.

Wie jeder Extremsport birgt auch das Freitauchen Gefahren. In den letzten Jahren haben sich die Sicherheitsstandards jedoch stark verbessert und mit Ausbildung und vor allem dem Tauchen im Buddy-System ist das Risiko minimal und die tatsächliche Unfallrate extrem gering. Dieser wachsende Sport ist für Frauen wie Männer attraktiv – es geht um Ruhe, Ausgeglichenheit und mentale Stärke ebenso sehr wie um Kraft und Fitness.

Schon for 4500 Jahren tauchten Perlentaucher und Fischer im Südpazifik in die Tiefe. In modernerer Zeit wurde Apnoe durch den Film „Im Rausch der Tiefe“ bekannt, der den Ursprung des Wettkampf-Sports in der Rivalität von Jaques Mayol und Enzo Majorca darstellt. Immer wieder erklären Ärzte die Apnoe-Taucher hätten eine Grenze erreicht die physiologisch nicht mehr zu überschreiten ist (zu Mayols und Majorcas Zeiten 50m!) und immer wieder beweisen Freitaucher das Gegenteil: der Tiefen-Rekord in der Disziplin No Limits (wie auch im Film „Im Rausch der Tiefe“) liegt zur Zeit bei unglaublichen 214m (Herbert Nitsch, Österreich).

Teil der Faszinaton des Apnoe Tauchens ist die Tatsache, dass wir unseren Körper an den aquatischen Lebensraum gewöhnen können. Wir alle haben den sogenannten Tauchreflex, der ein Überbleibsel vom Ursprung der Menschheit ist. Beim Apnoe-Tauchen machen wir uns diesen Reflex zu nutze und verstärken ihn mit gezieltem Training. Wenn ich unter Wasser bin, verlangsamt sich mein Herzschlag und die Blutgefäße in Armen und Beinen ziehen sich zusammen – alles ist darauf ausgerichtet die wichtigsten Organe mit Sauerstoff zu versorgen. Wissenschaftler rätseln noch immer um die genauen Vorgänge – bei der WM in Sharm El Sheik nutzte ein Team von italienischen Forschern die Gelegenheit die besten Apnoe Taucher der Welt versammelt zu haben und führte vor und nach den Tauchgängen diverse Tests an uns durch. Wir erwarten ihre Ergebnisse mit Spannung!


Die Wettkampfregeln

Apnoe-Wettkämpfe werden nach internationalen AIDA (der internationale Dachverband) Regeln ausgetragen. Zwei Richter ratifizieren jeden Tauchgang. Eine Kamera filmt den Athleten an der Oberfläche (bei Weltmeisterschaften auch in der Tiefe) um sicher zu stellen dass keine Regelverstöße begangen wurden. Am Abend vor dem Wettkampf muss ich meine angestrebte Tiefe ansagen. Für meinen Tauchgang wird dann ein Seil genau bis auf diese Tiefe heruntergelassen, an dessen Ende sich eine Plakette mit meinem Namen befindet, die ich wieder mit nach oben bringen muss. Zusätzlich trage ich einen extrem genauen Suunto Tauchcomputer, der die Tiefe drei mal pro Sekunde misst. Zurück an der Oberfläche muss ich ein exaktes „Oberflächen-Protokoll“ absolvieren – erst dann gilt der Tauchgang als erfolgreich.

www.aida-international.com
www.aida-deutschland.de


Die Tiefen-Disziplinen

Konstantes Gewicht (CW) – Deutscher Rekord: Anna v. Boetticher, 55 m

In der Disziplin Konstantes Gewicht schwimme ich mit Flossen oder einer Monoflosse nach unten und wieder hoch, ohne dabei am Seil zu ziehen (ich darf nur  ganz unten einmal zum umkehren das Seil greifen). In dieser Disziplin werden die größten Tiefen erreicht – sie erfordert Kraft, mentale Stärke und Technik. Bei ca 20m Tiefe werden meine Lunge und mein Anzug durch den Wasserdruck so sehr zusammengepreßt, daß ich anfange zu sinken. Hier beginnt die Phase des freien Falls – ich höre auf zu schwimmen, um Sauerstoff zu sparen und versuche mich total zu entspannen. Wenn ich unten umkehre, arbeitet der gleiche Effekt allerdings gegen mich: ich bin jetzt schwer und muß hart arbeiten um die Oberfläche wieder zu erreichen. Hier braucht man körperliche Fitness und einen klaren Kopf – Streß ist der größte Feind des Freitauchers.

Konstantes Gewicht ohne Flossen (CNF) – Deutscher Rekord: Anna v. Boetticher, 38 m

Wie der Name schon sagt, werden hier keine Flossen getragen. Ich schwimme im leicht abgewandelten Brustschwimmstil nach unten und darf wiederum nicht am Seil ziehen. Diese Disziplin ist besonders Kraftraubend, weshalb die Tiefen im allgemeinen geringer ausfallen. Hier brauche ich einen guten Schwimmstil und muß bei jeder Kleinigkeit versuchen Energie zu sparen. Aus diesem Grund tauche ich diese Disziplin ohne Maske, nur mit einer Nasenklammer: das erspart mir mitten im Schwimmzug an die Nase fassen zu müssen um Druckausgleich zu machen. Allerdings kann ich so nur eingeschränkt sehen und es ist etwas schwerer unten die Plakette gleich zu finden.

Free Immersion (FIM) – Deutscher Rekord: Anna v. Boetticher, 50 m

Die Disziplin Free Immersion ist die Einzige bei der ich das Seil zur Hilfe nehmen darf. Ich trage keine Flossen, sondern ziehe mich am Seil herunter und wieder hoch. Dies erfordert Kraft in den Armen und ist etwas langsamer, weshalb die Tauchgänge länger ausfallen.


No Limits und Variables Gewicht

Diese Disziplinen werden nicht in Wettkämpfen ausgetragen, da sie zu gefährlich sind. In beiden Fällen läßt sich der Taucher mit Hilfe von Gewichten von einem Schlitten nach unten ziehen. Bei Variablem Gewicht muß der Athlet dann selbst zurück nach oben schwimmen, bei No Limits läßt er sich durch einen Auftriebskörper, wie z.B. einen Ballon, an die Oberfläche heben. In beiden Fällen werden große Tiefen erlangt da der Taucher weniger Sauerstoff verbrennt. Besonders No Limits ist durch den Film „Im Rausch der Tiefe“ bekannt geworen. In dieser Disziplin kommt es am häufigsten zu Unfällen.

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