UnterWasserWelt - das Onlinemagazin seit 1999
zum aktuellen Magazin UnterWasserWelt

by Michael Goldschmidt 9.01

Denkt man an die Mega - Metropole London, dann steht in erster Linie Kultur und Einkauf auf dem Wunschzettel der Besucher. Dass jedoch London das größte und interessanteste Aquarium Europas im Herzen seiner Stadt eingerichtet hat, vermutet kaum ein Besucher. UnterWasserWelt hat sich das “London Aquarium” aus der Nähe angesehen und kann es nur weiterempfehlen.

Nun kennen wir bereits die bekannten Aquarien in USA ( Monterey und Epcot Center) sowie in Berlin, doch London hat hier einige Besonderheiten zu bieten, die von den anderen genannten Highlights  nicht präsentiert werden. Über 650 unterschiedliche Arten werden hier in den Kelleretagen der ehemaligen County Hall gezeigt, nur einen Steinwurf von Londons jüngster Attraktion, dem Riesenrad oder “London Eye” entfernt. Mehr als 2,5 Millionen Liter Wasser fassen die unterschiedlichen Schaubecken, wobei auf naturnahe Gestaltung der Lebensräume größter Wert gelegt wurde, ohne dabei Mystik und Zauber der Welten unter der Wasseroberfläche zu vergessen.

Da London zu den teuersten Städten weltweit zählt, sind natürlich die Eintrittspreise entsprechend hoch. Weil man aber in London mittlerweile erkannt hat, dass nicht nur die Besucher mit unendlicher Kaufkraft das Überleben der Kommune garantieren, sondern vornehmlich die Millionen von Schülern, Studenten und Normalverdienern, die die Stadt jährlich bereisen, kann man eine Chipkarte erwerben, den sog. LONDON PASS, der unter anderem freien Eintritt zu einer Vielzahl von Attraktionen, eben auch dem Aquarium, gewährt. Ein weiterer nicht zu unterschätzender Vorteil dieser Chipkarte - man kann an den endlosen Schlangen vor der Kasse anstehender Besucher vorbei direkt zu einem speziellen Schalter gehen, an dem der LONDON PASS - Inhaber sofort und ohne Wartezeit sein Ticket erhält um in die Tiefen der County Hall abzutauchen. Leider gibt es keinen gedruckten Führer des LONDON AQUARIUM, an der Kasse verweist man auf die Informationsdisplays nahe oder neben den einzelnen Becken. Vielleicht kein Nachteil, da man im Schummerlicht der Ausstellung ohnehin nur schwer darin lesen könnte, aber man würde gerne auch etwas mit nach Hause nehmen, vielleicht sogar übersetzt in eine der anderen Weltsprachen - neben Englisch.

Ein dunkler Gang, mit verschiedenen Lichteffekten ausgestattet und von mystischer Musik begleitet, führt den Besucher zur Treppe in die Tiefe des Aquariums. Auf der ersten Ebene angekommen, wird man mit der Fauna und Flora der nahen Umgebung, auch der Themse, bekannt gemacht. Entlang der naturnah gestalteten Schaubecken, hier beobachtet man viele Fischarten, die man in freier Natur unter so guten Bedingungen kaum zu Gesicht bekommt, führt der Weg auch vorbei an vielen Multimedia - Stationen, die  - so möchte man meinen - in erster Linie für die unzähligen Kinder unter den Besuchern aufgebaut wurden. Die Bedienung der interaktiven Infopunkte ist den Kids durchaus geläufig, vielfach haben aber an den gebotenen Informationen eher die dabeistehenden Erwachsenen ihren Spaß.

Korallenfische, Schildkröten und der berüchtigte Pfeilgiftfrosch hoffen neben unzähligen anderen Aquarienbewohnern in ihren Becken auf die ihnen zustehende Aufmerksamkeit. Aber weit gefehlt, das Gros der Besucher wirft in die teils unter schwierigen Voraussetzungen zu betreibenden Anlagen eher nur einen flüchtigen Blick, stets auf der Suche nach der großen Attraktion, die keine meeresbiologische Ausbildung voraussetzt. Nicht lange muss der Besucher, der nur nach den offensichtlichen Höhepunkten Ausschau hält, den Rundgang fortsetzen. Über zwei Etagen oder 5 Meter Tiefe ziehen sich die Becken “Atlantik” und “Pazifik” durch das “London Aquarium”. Vor den riesigen Schaufenstern drängen sich Kinder und Erwachsene, bestaunen die Fische darin. Beim Atlantik - Schaubecken, gekühlt auf 16° C, besteht der Besatz vornehmlich aus Arten, die unmittelbar vor den Küsten der britischen Inseln gefunden werden. Frech gleiten die Kuhnasenrochen die Scheiben entlang und scheinen dabei freundlich zu lächeln. Unzählige Kinderhände versuchen die Tiere durch das Glas hindurch zu berühren, zu streicheln. Noch ahnen sie nicht, dass eine Etage tiefer das große Streichelbecken mit absolut freundlichen Rochen auf ihren hautnahem Kontakt wartet. Conger - Meeraale, winden sich durch die künstliche Tiefe, erregen Neugier und Schauer. Ein Trockentauchgang der besonderen Art wird hier ermöglicht.

Die Haie im Pazifikpool, das 1 Million Liter Wasser fasst, locken noch mehr Zuschauer ans Glas. Eine stimmungsvolle Landschaft wurde hier aufgebaut, wie in den vielen anderen ungleich kleineren Becken auch. Kopien der Statuen von den Osterinseln wurden im Wasser versenkt. Je drei Sandtiger - und braune Haie, dazu ein Ammenhai und der einzige Zebrahai in einem Aquarium im Königreich. Fütterungen in den Großbecken werden publikumswirksam durch Taucher vorgenommen. Leider sind die dafür eingeplanten Zeiten nur auf Anfrage zu erfahren. Um auch außerhalb des Aquariums einen Blick in den Pazifikpool werfen zu können, hat man extra eine Webcamera installiert, die alle 10 Sekunden ein neues Bild um die Welt schickt.

Ohne Zweifel ist für Kinder, doch auch für Erwachsene, das Streichelbecken der Rochen ein unvergessliches Erlebnis. Auf dem Weg dort hin konnte bereits eine künstlich nachgebildete Uferzone mit Krebsen und Seesternen ertastet werden, aber einen Rochen zu berühren ist natürlich etwas ganz Besonderes. Die älteren Kinder wagen sich mutig mit der Hand ins Salzwasser, während die jüngeren noch zögerlich nur einen Finger hineinstecken. Kaum zu glauben, aber die Rochen kommen zutraulich angeschwommen, strecken einen Teil des Körpers aus dem Wasser und erwarten die zarte Berührung durch die Besucher. Natürlich wacht im Hintergrund ein Mitarbeiter des Aquariums darüber, dass den Tieren kein Leid zugefügt wird. Alles in allem, auch hier wurde nichts vergessen, Waschbecken und Handtuchspender erlauben die  gründliche Reinigung von Händen und Armen. 

Selbst in kleinen Schauaquarien versenkte Tempelmodelle zeigen das große Engagement der Betreiber kulturelle Zusammenhänge zwischen den Menschen der Moderne und deren Vergangenheit sichtbar werden zu lassen. Die Liebe zum Detail berührt und erfüllt ihren Zweck. So wacht eine Statue aus der Römerzeit über das glasklare Becken der Koikarpfen. So mancher Freund dieser Fische hätte wohl gerne jenes beschauliche Eck im “London Aquarium” mit nach Hause genommen.   

Auf dem Weg zum Ausgang haben sich die Betreiber noch einmal ganz “ins Zeug gelegt”. Den Lebensräumen im Mangrovendschungel und des Regenwaldes widmet man lebensnah gestaltete Räumlichkeiten. Ein dicker Baumstamm strebt in die Höhe und verschwindet in der Decke, weitgefächerte Dächer aus Pflanzenblättern vermitteln das Gefühl tatsächlich im Dschungel angekommen zu sein. Gespenstisch anmutende und kaum je zuvor gesehene Fische dieser Lebensräume unterstreichen den Eindruck. Eine perfekte Illusion, wäre da nicht (zufällig) die Klimaanlage, die kurz vor dem Verlassen des Aquariums den Essensgeruch eines im selben Gebäudekomplex untergebrachten Schnellrestaurants durch den Raum pumpen würde. So sichert man subtil den Umsatz durch die Aquariumsbesucher, die zunächst natürlich durch den Andenkenshop geschleust werden, der nichts anderes Anbietet, als weltweit vergleichbare Shops.

Was bleibt ist ein unvergessliches Erlebnis, ein Höhepunkt in der Landschaft kommerzieller Aquarien. Mit Sicherheit hat man sich bei diesem Unternehmen noch lange nicht auf den Standpunkt zurückgezogen, dass der gegenwärtige Zustand langfristig unverändert bleibt. Dafür steckt zu viel Engagement in so vielen Details dahinter. Also bleibt das “London Aquarium” auch in Zukunft einen Besuch wert - abgesehen von den vielen Anziehungspunkten, die London ohnehin zu bieten hat. Um aktuell am Geschehen dran zu bleiben kann man über die Webseite des Aquariums auch eine Newsletter ordern, dann verpasst man mit Sicherheit keine neuen Entwicklungen vor Ort.