UnterWasserWelt - das Onlinemagazin seit 1999
zum aktuellen Magazin UnterWasserWelt

3. Trinationales Symposium zur Tauchmedizin am 8. November 2008

Professionelle  Prüfung und interdisziplinäre medizinische Beratung machen den Tauchsport sicherer

Tauchen ist keineswegs ein Risikosport, solange Sorgfalt beim technischen Equipment, eine umfassende und professionelle Untersuchung der Tauchtauglichkeit sowie eine gesunde und ehrliche Selbsteinschätzung von Tauchern praktiziert werden. So lautet das Fazit des 3. Trinationalen Symposiums zur Tauchmedizin, das am 8. November 2008 in Freiburg stattfand. Wie wichtig die richtige Vorbereitung auf das Taucherlebnis ist , sei es professioneller oder rein sportlicher Natur, diskutierten rund 200 Mediziner und Tauchlehrer aus Deutschland, Frankreich, der Schweiz, ja sogar aus Russland und den USA mit den Referentinnen und Referenten während der eintägigen Veranstaltung, die gemeinsam von der Universitäts-HNO-Klinik Freiburg und dem Druckkammerzentrum Freiburg, Zentrum für Tauch- und Überdruckmedizin, veranstaltet wurde. Sowohl Organisatoren als auch Teilnehmer zogen eine rundum positive Bilanz: „Ziel unseres Symposiums war, Ärzten eine kostenlose und unkomplizierte Fortbildung zu geben, wie sie ihre tauchenden Patienten besser beraten können.  Wir freuen uns sehr, dass zum Beispiel mit Einbindung des Themas Reisemedizin  ein ganz konkreter und auch dringend notwendiger Wissenstransfer stattfand“, so Prof. Dr. Ridder, Geschäftsführender Oberarzt an der Universitäts-HNO-Klinik.  Mit der Übersetzung der Vorträge  und Einführung der Referenten in französischer Sprache erfuhren die zahlreichen Gäste aus dem benachbarten Ausland eine bisher noch nicht da gewesene Ansprache.  „Die Überwindung dieser Sprachbarriere im Rahmen unseres Symposiums war und ist uns ein besonderes Anliegen“, betont Dr. Hellmuth Sümmerer vom Druckkammerzentrum Freiburg. „ Denn getaucht wird diesseits und jenseits des Rheines und die Fragestellungen sind gleich.“ 

Tauchen in fernen Ländern:

Dass zur tauchspezifischen Beratung und Tauchtauglichkeitsuntersuchung heute eigentlich zwingend eine reisemedizinische Beratung und Prävention gehört, machte Dr. med. Rosemarie Mazzola, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Reisemedizin und tropenmedizinische Beratung in Freiburg, deutlich. Rund 1,5 Millionen Sporttaucher tauchen jährlich in tropischen Gewässern. Mit Last-Minute-Buchungen und mangelnder Vorbereitung auf die Situation vor Ort  gefährden sich viele Tauchsportler. „Oft wird  angenommen, dass das Malaria-Risiko an Küsten geringer sei als im Landesinneren. Was Kenia und Tansania angeht,  ist dies zum Beispiel ein absoluter Trugschluss.“ 

Tauchtouristen benötigten daher, so Mazzola, eine umfassende und aktuelle Aufklärung über das Malaria-Risiko ihres Reisezieles sowie über das richtige Timing von wichtigen Impfungen wie gegen Tollwut, Gelbfieber oder  Hepatitis. Die Reisemedizinerin rät Tauchern außerdem, notwendige Medikamente schon zuhause zu besorgen, da rund fünfzig Prozent der Medikamente in fernen Reisegebieten verfälscht und damit wirkungslos seien. Zudem erhöhe eine Reisediarrhoe das Risiko von Dekompressionserkrankungen beim Tauchen aufgrund des Flüssigkeitsverlustes. Wenn Taucher also etwas von ihrer Tauchsafari haben wollten, sollten sie Ess- und Getränkebuffets meiden, da diese eine ideale Brutstätte für Bakterien sind. „Koch es, schäl es, brat es oder vergiss es“ - diese Weisheit hat unverändert Gültigkeit.

Frauen tauchen:

Während die Unterwasser-Arbeitswelt immer noch eine fast rein männliche Domäne darstellt, haben Frauen im Tauchsport mächtig „aufgeholt“. Ihre Quote liegt nunmehr bei knapp  dreißig Prozent, so Dr. Claudia Haizmann, Fachärztin für Anästhesie, Tauch- und Überdruckmedizin. Frauen haben trotz physiologischer Unterschiede wie höherer Körperfettanteil, größerer Hautoberfläche und geringerer Muskelmasse grundsätzlich kein erhöhtes Risiko für Dekompressionserkrankungen (DCS). Eine schmerzhafte Schwellung der Brust nach dem Tauchgang könne aber durchaus ein Hinweis auf DCS sein.  Die rasche  Gabe von Sauerstoff bringe hier schnell Klarheit und beseitigt die Symptome, falls es sich um einen Tauchunfall handelt. Wegen der hormonellen Einflüssen ist kurz vor der Regelblutung ist DCS-Risiko erhöht. Frauen, die mittels  „Pille“ verhüten, sollten ärztliche Beratung in Anspruch nehmen, insbesondere wenn die Tauchgänge mit einer Fernreise verbunden sind. Ein ganz striktes Tauchverbot gilt während der Schwangerschaft und dies für jede Tiefe. „Ein bisschen Tauchen gibt es hier nicht, Dekompressionserkrankungen und Sauerstoffüberschuss beim Fetus können Durchblutungsstörungen des Hirns und eine unheilbare Erblindung des Ungeborenen zur Folge haben“, so Dr. Claudia Haizmann. Zu einer adäquate Ausrüstung gehören Anzüge und Jackets für Frauen, ein Atemregler, der passt, Softblei, das nicht am Unterbauch drückt, und eventuell kleinere Flaschen je nach Verbrauch.

Panik beim Tauchen:

Wie wichtig auch die psychologische und psychiatrische Anamnese bei der Untersuchung der Tauchtauglichkeit ist, machte der Vortrag  von Dr. Jörg Angenendt deutlich. „Um Panikaufstiegen vorzubeugen, müssen Taucher ihre Ängste sowohl gegenüber ihrem betreuenden Arzt als auch ihren Tauchpartnern offen thematisieren“, forderte der Leiter der Spezialsprechstunde für Angststörungen an der Universitätsklinik Freiburg. Nur das Wissen und die eigene Selbsteinschätzung, durch welche Auslöser und von welchen Symptomen  begleitet eine „gesunde“ und zur Vorsicht führende Angst zur unkontrollierbaren und sich verselbständigen Panik wird, kann die enorme Gefährdung der Tauchenden in diesen Situationen verringern. „Erst die Panik macht das Ereignis schlimm und möglicherweise lebensbedrohlich“, so Angenendt. Sobald sich das „Landtier“ Mensch in den fremden Lebensraum Wasser begibt, seien nun einmal viele Auslöser für Panikattacken biologisch vorprogrammiert und unbewusste Ängste können leicht eskalieren. Wenn Taucher dem Thema Panik vorbeugen wollen, müssen sie sich auch mit Angstmanagement-Techniken beschäftigen.

Senioren tauchen:

Leni Riefenstahl und viele andere betagte Taucher haben gezeigt, so  Prof. Dr. med. Heinrich Matthys, ehemaliger  ärztlicher Direktor der Abteilung Pneumologie am Universitätsklinikum Freiburg, dass man auch bis ins hohe Alter sicher tauchen kann, falls man gesund ist und den nachlassenden physischen und psychischen Möglichkeiten Rechnung trägt. Übergewicht fällt beim Schwimmen und Tauchen wegen der Schwerelosigkeit nicht so stark ins Gewicht wie bei anderen Sportarten. Eine lebenslange Vertrautheit mit dem Element Wasser und Tauchen helfe, bis ins hohe Alter diesen Sport mit Freude und gefahrlos ausüben zu können. Vorausgesetzt, es bestünden keine Krankheiten, die generell das Tauchen ausschließen würden, wie z.B. koronare Herzerkrankungen oder Bluthochdruck.

Sicherheit beim Tauchen:

„Tauchen ist kein Risikosport, aber wenn etwas passiert, kann es vor allem im Ausland schnell sehr teuer werden für die Betroffenen“, so Dr. Ulrich van Laak vom Divers Alert Network (DAN) Europe. Tauchsicherheit im exotischen Ausland, tauchmedizinische Schwerpunkte,  Strategien zur Tauchunfallvermeidung und das Management von Tauchunfällen standen deshalb im Mittelpunkt seines Vortrages. Unbedingte Voraussetzung für eine kurzfristige Schnäppchenbuchung sind beispielsweise persönliche Fitness und kompletter Impfschutz. Wer die Technik nicht beherrscht und wer „bis zum Anschlag taucht“, riskiert eine Taucherkrankheit. Trotz zunehmender Versorgungssicherheit an den Zielorten, z.B. mit Druckkammern, gibt es gravierende tauchmedizinische Probleme, auch durch Kommunikationsschwierigkeiten. Tauchtouristen verdrängen die Symptome und verschieben die Behandlung auf die Rückkehr. „Mehr als die Hälfte der Tauchunfälle und Erkrankungen nach dem Tauchen entstehen trotz Beachtung der Tauchregeln“, so van Laak (Tauchunfälle Datenbank Divers Alert Network Europe 1990 – 2006 ,Freizeittaucher). Risiken für Dekompressionsunfälle sind oft falsche Tauchprofile (zu tief, zu lange, zu oft), Unerfahrenheit, Ehrgeiz, Flüssigkeitsmangel, Unterkühlung, ein schneller Aufstieg, so genannte Shunts oder ein Rückflug innerhalb von 24 Stunden.  Den Tauchpartner aus dem Wasser zu heben kann zur einer Taucherkrankheit führen.  Zur aktiven Tauchunfallvermeidung gehören die Untersuchung auf Tauchtauglichkeit durch einen qualifizierten Arzt,  die Überprüfung verordneter Medikamente und konservative Tauchprofile. Tritt der „worst case“ dennoch ein, sind eine sofortige Erste Hilfe, unmittelbare Sauerstoffatmung, notfallmedizinische Maßnahmen vor Ort, eine taucherärztliche Telefonberatung und schließlich ein zielgerichteter (Luft-) Transport zur konsequenten Behandlung in einer Druckkammer erforderlich. Wer Symptome verleugnet und deren Rückgang abwarte oder sich nach erfolgter ersten Hilfe durch den vorübergehenden Rückgang der Symptome in Sicherheit wähnt, riskiert  mit diesem Zeitverzug eine Langzeitbehandlung. Eine zusätzliche Krankenversicherung bzw. Assistance ist zur Deckung der Behandlungskosten unbedingt zu empfehlen.

Technisches Tauchen:

Höhlentauchen, Tauchtouren zu Schiffswracks, Tauchen in großen Tiefen - eine klare Definition des spektakulären Trends im Tauchsport, dem „technischen Tauchen“ gibt es nicht, so Christoph Schmitt von der  Tauchtechnik Überlingen: „Besonders lang, besonders tief und vor allem mit erhöhtem Risiko“ könnte eine Umschreibung dafür  sein. Neuestes Equipment wie Kreislaufgeräte und Scooter sind Grundvoraussetzungen, um Tauchgänge zu Wracks vor Irland oder zu verborgenen Süßwasservorkommen in Höhlen an der Küste Spaniens zu wagen.

Forschungstauchen:

Mit seinem Vortrag „Forschung unter Druck“ gewährte der Archäologe Dr. Martin Mainberger von der Kommission Forschungstaucher Deutschland Einblick in eine der professionellen Seiten des Tauchens. Sie betreffen die Geologie, Biologie, Archäologie und Ingenieurwissenschaften. Ausbildungsstätten finden sich in Deutschland an den Universitäten Rostock, Kiel, Hamburg, Oldenburg, München, Konstanz und am Biologischen Institut auf Helgoland. Forschungstauchen ist durch sehr lange Tauchgänge, Kälte  und oft schwere äußerliche Bedingungen wie z.B. in der Polarforschung auch heute noch eine Männerdomäne. Die European Science Foundation gewährleistet die Grundvoraussetzungen für einen globalen Erfahrungstransfer. Für das Forschungstauchen weltweit sieht er in der Zukunft trotz Sonartechnologie und Tauchrobotern weiterhin attraktive Perspektiven. „Ausgrabungsarbeiten, Monitoring, landgestützte Vermessung, Probenahmen und andere spezielle Fragestellungen erfordern immer den  Mensch. Unsere Erde besteht zum größten Teil aus Wasser,  das Forschungstauchen hat immer ein weites Feld.“


www.hbo-freiburg.de