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Westpapuas Unterwasserwelt
Von äußeren Einflüssen weitgehend unberührt konnte sich eine äußerst vielseitige Fisch- und Korallenwelt
entwickeln. Wissenschaftler zählen die Gewässer vor der Küste zu den artenreichsten der Erde. Niemals zuvor tauchten wir in einem Meer mit so vielen unterschiedlich geformten und farblich differenzierten Seescheiden.
Die Artenvielfalt ist schlicht atemberaubend. Pygmäenseepferdchen in rosa, gelb, weiß und rot findet man an den sich in der Strömung biegenden Fächerkorallen. Steinkorallen unbekannter Formen und Farben wechseln sich ab
mit riesigen Tischkorallen, unter denen sich tagsüber stattliche Wobbegon-Haie niederlassen. Wobbegons sind Grundhaie, die von Muscheln, Krebsen und Bodenfischen leben. Die Aktivatmer können auch in Höhlen leben, in
denen keine Strömung herrscht.
Weichkorallen, die Lieblinge vieler UW-Fotografen, wachsen in großen Kolonien mit mächtigen Stämmen und endlosen Verzweigungen. Der Fischbestand ist atemberaubend... allerdings
nur bei den Korallenfischen. Die Fischschwärme bestehen meistens aus mittelgroßen Tieren. Echte Großfische fehlen oder sind selten. Natürlich begegnen einem hin und wieder auch einmal Adlerrochen, Grauhaie und
Weißspitzenriffhaie - meistens aber in kaum fotografierbarer Entfernung. Es drängt sich zumindest der Verdacht auf, als würden von Zeit zu Zeit asiatische Raubfischer für einige Haiflossen alle Skrupel fallen lassen.
Allerdings gibt es einen Manta-Point mit kräftiger Strömung, den wir leider aus organisatorischen Gründen nicht anfahren konnte. Im Prinzip findet man an den Küsten Westpapuas vom Büffelkopf - Papageienfisch bis zur
atemberaubend schönen Nacktschnecke alles, was das Herz begeht. Fotografisch gesehen kommt man immer auf seine Kosten.
Es gibt aber auch das andere Westpapua. Während unserer Schiffstour kamen wir an Stellen, die
den Anschein erweckten, dass hier das befahrene Meer zu Ende sei. Hier war vermutlich noch nie ein Mensch unter Wasser. Weit und breit gab es keine menschliche Siedlung. Kurz gesagt: Ein Riff, so abgelegen, dass das
Ende der Welt nicht mehr weit schien. Und genau hier tauchten wir zwischen abgebrochenen und abgestorbenen Steinkorallen, glitten über Sandwüsten mit weniger Leben als in der Sahara. Zudem war das Wasser trüb und extrem
fischarm. Auf solchen Reisen ist man zu einem Gutteil Entdecker und Eroberer. Und es zeigt sich wieder einmal, dass die entferntesten Stellen nicht unbedingt die besten sein müssen. Wir mussten einsehen, dass es in
Richtung Zivilisation üppiger und farbiger war.
Die Vielseitigkeit der Unterwasserwelt hat ihre Ursache in kleinen, vom Wasser rundum ausgespülten Felseninseln, auf denen sich eine robuste aber menschenfeindliche
Flora angesiedelt. Wer hier strandet, hat schlechte Karten. Nicht einmal Kokospalmen wachsen hier. Nur zähes Herbivarium, Lianen und einige Orchideen. Aber gerade unter diesen umspülten Felsen geht die Post ab. Manchmal
in einer zügigen bis anstrengenden Strömung. Oft muss man sich treiben lassen, denn Gegenschwimmen ist nicht immer möglich. In diesen Arealen können Makroaufnahmen auch zur Plage werden, weil man keinen Halt findet.
Andererseits kommt es hier auch zu unerwarteten Begegnungen. Eine Mitreisende fand an einer solchen Wand den seltenen und nur schwer zu entdeckenden Blauring-Oktopus. Sie konnte das Tier nur lokalisieren, weil es sich
bewegte. Die Tarnung war ansonsten perfekt.
Zu den begehrtesten und attraktivsten Motiven gehören die Mördermuscheln. Bewachsen mit Seegras, bewohnt von kleinen Fischchen, liegen sie wie Juwelen im Riff. Sie
erreichen in Westpapua extreme Dimensionen. Manche sind so groß, dass man sich fast hineinsetzen könnte. Und immer wieder Haarsterne. In allen Farben, Facetten und Größen, mit am Tage ausgebreiteten Fangarmen.
Um Haaresbreite
Wie schnell sich das Schicksal wenden kann und eine ganz normale Tauchreise zum unkalkulierbaren Abenteuer werden kann, erfuhren wir am eigenen Leib. Ein
Motorschaden zwang das Liveaboard zum Ankern. Sturm kam auf, Regen peitschte quer über das Deck, die Wellen wurden immer höher, gewaltige Kräfte zerrten an der Ankerkette, die dem Zug nicht mehr standhalten konnte und
riss. Mit beängstigender Geschwindigkeit trieb das Schiff auf einen im Wasser liegenden Felsen zu.
Während wir in gespielter Ruhe die notwendigsten Habseligkeiten (Ausweise, Tickets, Geld, Wasserflasche,
ABC-Ausrüstung und Jacket) zusammenrafften, gelang es der Mannschaft geistesgegenwärtig zwei Beiboote mit laufenden Motor und maximaler Power seitlich so zu platzieren, dass das Tauchschiff vom Felsen abgedrängt werden
konnte. Eine Havarie konnte gerade noch in letzter Sekunde vermieden werden. Dann wurden endlich vorne und hinten stabile Anker gesetzt.
Schuld am Dilemma war ein gebrochenes Motorteil, das vermutlich auf eine
schlampige Wartung zurückging, was aber letztendlich auch etwas Spekulation blieb.
In diesem Teil der Welt gehen nicht nur die Uhren anders. Wer einen Schraubenschlüssel halbwegs gerade in der Hand halten kann, darf
sich unter beifälliger Zustimmung der Umstehenden bereits Schiffsingenieur nennen. Hinzu kam, dass das Bordwerkzeug nur wenig mehr Abwechslung bot als ein Flohmarkt - Equipment, was das Flottmachen der beschädigten
Maschine nahezu unmöglich machte. Auch ein Mitreisender, der sich mit solchen Motoren und Ventilsteuerungen auskannte, musste nach zwei Tagen die weiße Fahne hissen. In der Wildnis repariert es sich schlecht ohne
Ersatzteile. Zum Glück waren die Beiboote in einem guten Zustand und voll funktionsfähig, so dass ohne sonderliche Beeinträchtigungen weitergetaucht werden konnte.
Kararu
Nur wenige Tauchschiffe kreuzen in den Gewässern von Westpapua. Eines davon ist die Kararu. Ein Holzschiff mit großen Kabinen und mächtig viel Platz für UW-Fotografen an Deck. Noch nie tauchten wir auf einem
Liveaboard mit so viel persönlichem Raum für Kameras und fotografische Utensilien. Vier Tauchgänge werden pro Tag angeboten und man sollte sich aus Sicherheitsgründen tunlichst für das angebotene Nitrox zu entscheiden.
Leider wird der Sicherheitsgedanke mit happigen 10 US-Dollar pro Nitrox-Flasche nicht gerade gefördert. Die zu Diskussionen animierende Logistikgebühr wird aber in Zukunft eventuell überdacht werden. Europäer sind
diesbezüglich etwas anders gestrickt. Amerikaner zahlen das erstaunlicherweise ohne zu murren.
Klimaanlage in allen Räumen, TV, Bücherboard, Video, Magazine und eine Ladestation mit Spannungsstabilisator machten den
Aufenthalt im Salon zu einem technischen Vergnügen. Auch wenn der Strom mal ausfallen sollte, schlägt kein Ladegerät infolge von Spitzenspannungen durch. In den Kabinen fehlen Steckdosen. Man will keine Gefährdung durch
glühende Brenner oder explodierende Akkus im Untergeschoss. Verständlich, denn die Kararu, deren genaues Alter nicht einmal in Diskussionen zu erfahren war, hatte während unseres Aufenthaltes auch ihre Schwachstellen.
Das Schiff war sauber aber nicht gepflegt. Dieser kleine, aber feine Unterschied betraf die allgemeine Wartung der technischen Geräte, die etwas zu wünschen übrig ließ. Wie uns der Reiseveranstalter mitteilte, wird die
Kararu, vielleicht auch aufgrund unseres Vorberichtes, von Grund auf total saniert und 2006 in neuem Glanz erstrahlen.
Bemerkenswert ist die Größe der Besatzung. Bei unserem Aufenthalt rannten sage und schreibe mehr
als 20 Mann über die Planken.
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