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Vertical Blue Apnoe Championship: Freitaucher Nicholas Mevoli tödlich verunglückt

UWW 18.11.13

In der Freitauchszene galt der US – Amerikaner Nicholas Mevoli als besonderes Talent und Hoffnungsträger. Innerhalb kurzer Zeit hatte der in Saint Petersburg /Florida geborene Sportler mit Wohnsitz in Brooklyn auf sich aufmerksam gemacht. Erst im Mai 2013 hatte er als erster US Freitaucher in der Kategorie Constant Weight mit einer Monoflosse die Tiefe von 100 Metern erreicht. Nun wollte der 32-jährige in der Disziplin „Konstantes Gewicht ohne Flossen“ seine eigene und die amerikanische Bestleistung auf 72 Meter setzen. Dazu war er mit weiteren 55 Athleten aus 21 Ländern zum mittlerweile jährlich veranstalteten Suunto Vertical Blue Event auf die Bahamas gereist, um dort im legendären Dean`s Blue Hole, dessen Grund erst bei 200 Metern liegt, den Rekord zu versuchen.

Die Startzeit war für den Sonntag  17. November 2013, 12:25 Uhr festgesetzt worden. Bei guten Rahmenbedingungen bereitete sich Nicholas Mevoli auf den Apnoetauchgang vor, der ihn ohne Flossen oder weitere Hilfsmittel in die Tiefe und wieder an die Oberfläche zurückführen sollte. Er war dabei von 15 weiteren Freitauchern und Beobachtern umgeben, dazu 5 Sicherungstaucher.
Offizielle des Veranstalters verfolgten den Verlauf des Tauchgangs unter Verwendung eines Sonargeräts. Nach einem zügigen Abstieg waren bei 68 Meter Tiefe unerwartete Probleme erkennbar, Mevoli stoppte, entschied sich jedoch die avisierte Zieltiefe anzutauchen. Jeder erfahrene Freitaucher weiß, dass diese Abweichung vom Plan ein hohes Risiko birgt. Der Aufstieg muss mit eigener Kraft, nur mit Armen und Beinen erfolgen, die Sauerstoffsättigung (Partialdruck) wird mit abnehmendem Druck immer geringer und erst ab etwa 10 Meter Wassertiefe unterstützt der Auftrieb des Anzugs die letzten Meter des Aufstiegs.
Mevoli erreicht nach 3 Minuten und 38 Sekunden mit eigener Kraft die Oberfläche, gibt ein OK – Zeichen und nimmt dem internationalen Reglement entsprechend die Maske ab, um dann „I am O.K.“ zu sagen. Erst nach diesem Procedere kann ein Tauchgang als gültig gewertet werden. Es gelingt ihm noch, die Maske abzunehmen, seine Worte sind unverständlich und er kollabiert. Solche Situationen sind für die Sicherungstaucher nicht ungewöhnlich und in der Regel auch nicht lebensbedrohend, denn der Bewusstlose wird sofort auf eine Plattform gehoben und  dort von einem Arzt behandelt. Dr. Barbara Jeschke aus Deutschland, offizielle ärztliche Betreuerin des Events,  übernahm die Versorgung. Im Normalfall reicht eine kurze Gabe von reinem Sauerstoff, um die Athleten ins Bewusstsein zurück zu holen, ohne deren weitere Beeinträchtigung.
Nicht in diesem Fall. Blut sickert aus Mevolis Mund, Hinweis auf eine Lungenverletzung. Die Situation ist unklar, unregelmäßig starker Puls wird festgestellt, man setzt aber offenbar darauf, dass er mit Hilfe der Sauerstoffgabe wieder zu sich kommt. Er wird an Land gebracht und dort in einem normalen PKW – Kombi in das 10 Fahrminuten entfernten Krankenhaus gebracht. Nach 15 Minuten spitzt sich die Lage zu, es ist kein Puls mehr feststellbar. Erst jetzt wird er vom Neoprenanzug befreit und es beginnen 90 – minütige Wiederbelebungsmaßnahmen im mittlerweile erreichten Vid Simmons Memorial Health Center, unter anderem mit dreimaliger Gabe von Adrenalin. Sie bleiben erfolglos.
Zur weiteren Untersuchung und Autopsie wurde Nicholas Mevoli nach Nassau gebracht.
Ein Unfall wie dieser ist ungewöhnlich. Es entsteht Raum für Vermutungen und Spekulationen.
Welcher Umstand ließ Mevoli in 68 Meter Tiefe den Abstieg zunächst abbrechen? Welche Probleme hatte er? War es der Druckausgleich, kam es dadurch vielleicht zu einem Verlust eines Teils der eingeatmeten Luft, was Einfluss auf die Druckverhältnisse im Brustkorb hat und den Übertritt von Blut in die Lunge bedingt? War die Einschätzung der Veranstaltungsärztin über dessen Tauchtauglichkeit falsch?
Schwer zu sagen und ob es ein eindeutig klärendes Ergebnis geben wird, ist zweifelhaft.

Nicholas Mevoli war ein Ausnahmetalent im Freitauchsport. Er begann seine Karriere im Frühjahr 2012. Er war Titelgewinner des Events Deja Blue, einer ähnlichen Veranstaltung zu Vertical Blue auf den Cayman Islands. Denselben Wettbewerb gewann er dieses Jahr auf Curacao und als weiteren den Caribian Cup auf Roatan. Bei den Weltmeisterschaften in Griechenland kam er im September in der Disziplin „Konstantes Gewicht ohne Flossen“ auf den dritten Platz.
Bei seinem nunmehr letzten Wettbewerb wollte er zunächst in der Disziplin „Free Immersion“ (ohne Flossen mit den Händen am Seil in die Tiefe und wieder an die Oberfläche gezogen) einen nationalen und eigenen Rekord von 96 Metern aufstellen. Beim Rekordversich am Freitag, 15. November 2013, stellten sich auf 80 Meter Tiefe plötzlich Probleme, die ihn zur Umkehr zwangen. Sicherungstaucher unterstützten seinen Aufstieg. An der Oberfläche trat Blut aus seinem Mund aus, er hatte Schmerzen und war unorientiert. Und es schien fest zu stehen, dass das linke Trommelfell geplatzt sei, ein Umstand, der die weitere Teilnahme am Wettbewerb ausschließt. Deshalb war ein Sponsor Mevolis, der ihm 34.000 US $ für die weltweite Teilnahme an Wettbewerben zur Verfügung gestellt hatte, über die Feststellung der Event – Ärztin irritiert, dass keine Probleme mit den Ohren vorlägen. Es seien vielmehr durch geplatzte Kapillaren im oberen Atemwegsbereich hervorgerufene Druckverletzungen.
Bei ähnlichen Verletzungen, die bei mehr als einem Athleten im Verlauf dieses Wettbewerbs  diagnostiziert wurden, wurde die Startfreigabe für den kommenden Tag erteilt.