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by Michael Goldschmidt 6.03

Frühstück vor dem event

Konzentration

Catering

Das Team

Mit freundlicher Genehmigung von Andreas Güldner

Mit freundlicher Genehmigung von Andreas Güldner

Freunde: Andreas Güldner und Michael Goldschmidt

Per aspera ad astra, durch Mühe hinauf zu den Sternen, das steht allen geschrieben, die Besonderes vollbringen wollen. Andres Güldner, der sympathische 17-jährige aus Franken hatte sich ein großes Ziel gesetzt und fieberte dem Event entgegen. Je näher der angekündigte Rekordtauchgang eines Jugendlichen in der Disziplin „Konstantes Gewicht Lake“ kam, umso größer wurde das Lampenfieber. Das Ziel 50 Meter Tiefe hat er nicht geschafft, aber 80% der Vorgabe, oder 40 Meter, sind eine wirklich beachtliche Leistung im trüben und eiskalten Walchensee. Insgesamt ein Event nicht ganz ohne Probleme.

Seit Sommer 1999 hat sich Andreas unter Anleitung eines Schwimmmeisters des heimischen Hallenbads in Gräfenberg, das nur einen Steinwurf von seinem Wohnsitz bei seinen Eltern entfernt ist, dem Apnoesport verschrieben. Und was er zwischenzeitlich an persönlichen Leistungen vorzuweisen hat, kann sich sehen lassen: Statische Apnoe 5:36 Minuten, Streckentauchen mit Flossen 120 Meter, Streckentauchen ohne Flossen 80 Meter, Konstantes Gewicht im Meer 41 Meter, Immersion Libre (Tieftauchen ohne Flossen, am seil hinabgezogen) 35 Meter. Daneben hat er eine SSI Gerätetauchausbildung.
Ohne Zweifel, die Faszination des Apnoesports hat ihn in ihren Bann gezogen und er sieht als Jugendlicher, als der er in seiner Altersklasse noch gilt, Chancen neue Bestleistungen zu markieren. Allerdings hat sich für seinen Rekordversuch der Verband AIDA nicht weiter interessiert, was aber hinsichtlich unserer Erfahrungen mit dieser Organisation nicht weiter verwundert.
Nicht ganz leichtes Terrain hat sich Andreas für seinen ersten öffentlichen Rekordversuch ausgesucht, den Walchensee. Der Vorteil dieses Sees in Oberbayern ist zweifelsfrei die große Tiefe, die schon nahe des Ufers erreicht werden, entlang der Steilwände, gerade auch bei der Galerie. Man benötigt kein Boot und kann vom Ufer aus alle Vorbereitungen Treffen.
Erste Schwierigkeit: Man kann an diesem Tauchplatz nicht früh genug ankommen, als dass nicht schon eine Reihe von Fahrzeugen dort abgestellt wurde, darunter so einige Wohnmobile, die gerade an Wochenenden auch über Nacht den ergatterten Platz verteidigten. Wer in der schmalen Schneise, die der Durchfahrt eines PKW nur wenige Zentimeter Raum lässt, schon mal Campingtische und Vorzeltstangen aufbaute, der wird immer wieder mit der Realität konfrontiert, dass es noch weitere Interessenten an diesem Platz gibt und man teilen lernen muss...
Zweite Schwierigkeit: Der Einstieg setzt gewisse Geländegängigkeit beim Taucher voraus. Einige steinerne Stufen führen bis etwa zum Höchststaupegel diese Bergsees, dessen Wasserspiegel über mehrere Meter schwankend ist, da ein Wasserkraftwerk sich seiner Reserven bedient. Ist der Wasserspiegel niedrig heißt es über die Uferbefestigung aus Granit abzusteigen. Das geht relativ gut, mehr Mühe bereitet es später wieder an Land zu kommen.

Wir treffen uns gegen 9:00 am vereinbarten Tauchplatz, Andreas im Gefolge seiner Sicherheitstaucher und einem Anhänger, der alle für das Catering notwendigen Utensilien beinhaltet. Keine hektische Betriebsamkeit, routinierter Aufbau der Biertischgarnitur und geselliges Frühstück im Sonnenschein – es hat ein Kaiserwetter an diesem Samstag Vormittag. Während die Mannschaft gut gelaunt den Morgen genießt, das Frühstück schmeckt und in fränkischer Mundart Scherze gemacht werden, hält sich Andreas zurück, isst nichts und versucht sein Lampenfieber unter Kontrolle zu bringen. Für den Jungen ist das alles eine völlig neue Situation. Schließlich hat er die 50 Meter noch nicht erreicht. Also muss es heute für ihn klappen, auch wenn alle ganz klar sagen, dass auch eine Tiefe vor dem angekündigten Ziel ein großer Erfolg wäre.

Spiegelglatter See, der bayerische Wettergott meint es gut mit dem Team der Spiritdivers, die Andreas begleiten und am Seil, das ihn in die Tiefe führt, in Abständen von 10 Metern überwachen. Auch sein Vater ist bei den Sicherungstauchern dabei und er hat wohl genau so viel Lampenfieber wie Andreas, sorgt er sich ja auch um die Sicherheit seines Sohnes in ganz persönlicher Weise.
Der Tauchablauf ist minutiös geplant und besonnen vorbereitet. Jeder Sicherheitstaucher, auch eine Taucherin, die Tauchlehrerein Heike ist dabei, weiß genau um seine Position und Tauchzeit, die Dekopläne für die in 40 und 50 Metern Tiefe wartenden sind klar, jeder hat am Jacket eine Tafel mit dem genauen Zeitablauf. Für die Deko sind Nitrox 32 und Nitrox 50 vorbereitet.

Während das Team langsam die Ausrüstungen anlegt, sitzt Andreas abseits und macht in sich gekehrt Atemübungen. Dann macht auch er sich fertig und gleitet

mit dem Team der Sicherungstaucher ins Wasser und steuert ein etwa 50 Meter vom Ufer entferntes Gebiet an, das auf jeden Fall Tiefen weit über 50 Metern bietet. An einer Boje hängt das vermessene Seil, das alle 10 Meter Markierungen trägt. Grundgewichte halten das Seil auf senkrechter Spannung, am Seilende ist eine Scheibe aus Plexiglas verankert, dort will Andreas die 50 – Meter – Marke abholen. Er benutzt eine Monoflosse, eine eher seltene Technik beim Konstanttauchen.
Die Sichtweite ist gering, dort, wo das Tageslicht noch Wirkung zeigen würde, ist nach einem Meter Schluss. Keine Chance unter diesen Bedingungen Fotos vom Event zu machen. Ich warte in 15 Metern Tiefe auf Andreas und kann ihn nur für einen kurzen Moment auf seinem Weg beobachten. Dann verschwindet er und für einen ebenso kurzen Augenblick kann ich seinen Schatten auf dem Weg nach oben wahrnehmen. Für Andreas eine große Aufgabe und Leistung, für mich als Journalisten mit der Kamera im Anschlag wenig ergiebig.

Da, ein Zeichen vom Sicherungstaucher auf 10 Meter Tiefe, es ist der Vater von Andreas, es gibt einen zweiten Versuch. Damit ist klar, dass Andreas seinen ersten Abstieg nicht bis zur gewünschten Tiefe machte. Der zweite Versuch wird nicht zu Ende gebracht, die Sicherungstaucher in der Tiefe haben die Endboje auf den Weg nach oben gebracht und tauchen nach dem vorbereitetet Zeitplan aus. Drei Dekostufen müssen eingehalten werden.

Zurück am Ufer entwickelt sich die Situation völlig neu. Die beiden tiefsten Taucher hatten unabhängig voneinander mit baugleichen Automaten eines südeuropäischen Herstellers in 35 Metern Tiefe Vereisungen. Der Atemgasverlust macht es ihnen unmöglich die Dekostufen dem Plan entsprechend einzuhalten und sie müssen vor dem Ende der Dekozeit auftauchen. Unverzüglich werden sie von den anderen Tauchern versorgt und mit für Notfälle vorbereitetem reinen Sauerstoff versorgt. Glücklicherweise entwickeln sich keine gesundheitlichen Probleme für die beiden Taucher und Andreas, der sich in Verantwortung für seine Begleittaucher fühlt, kann sich langsam entspannen. Die Gründe für die Vereisung müssen aber noch geklärt werden! (Der Hersteller der Atemregler wird auf Wunsch der Betroffenen nicht genannt.)

Trotzdem ist er nicht ganz glücklich, 40 Meter hat er erreicht, eine bemerkenswerte und große Leistung, aber das Ziel ist verfehlt. Der Druckausgleich funktionierte nicht und er muss nun eine neue Technik einüben. Wie geht’s weiter? Er möchte seine Leistungen im Streckentauchen im Freiwasser unter Beweis stellen, dort neue Bestmarken setzen. Also wird er weiter trainieren und hofft, dass das Team von Spiritdivers ihm auch da zur Seite steht. Und, so denkt er nach, Apnoe unter Eis würde ihn auch reizen.
Wir werden sehen, wie es weiter geht und sind dann natürlich wieder mit dabei.   
 

Web: www.AndreasGueldner.de