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c: UWW - Herbert Frei

by Herbert Frei 8.03

Die Emperor Frazer ist am 16.12.2009 auf der Nordtour im Verlauf von Tauchaktivitäten am Wrack der Dunraven zerbrochen und gesunken. Dem vorangegangen war eine längere Periode, in der allgemeine Zustand des Schiffes sich abweichend von den Erfahrungen unseres Autors negativ entwickelt hatte.  In unserem Beitrag sind jedoch die Beschreibungen der Tauchplätze weiterhin aktuell.

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Das nördliche Rote Meer mit seinen vielen Wracks gilt noch immer als ausgesuchtes Reiseziel für kalkulierte und organisierte Adventure - Touren. Nur vier Stunden dauert der Flug von Frankfurt bis Hurghada...gut für alle, die nicht lange sitzen wollen. Und vor allen ideal, für Kurzurlauber. Innerhalb einer Woche bekommt man oft mehr geboten als anderswo in einem Monat. Herbert Frei hat Action und Faszination pur erlebt.

Über das Rote Meer kursieren die unterschiedlichsten Geschichten, Meinungen und Statements. Insbesondere Ägypten kommt wegen des immensen Ausbaus von Hotel- und Clubanlagen in den Diskussionen nicht immer gut weg. Das nördlichste tropische Meer und das für Europäer am schnellsten zu erreichende, muss leider auch einen unkontrollierten Boom an Tauchschulen und Tauchschiffen verkraften. Von den geschätzten 2000 bis 3000 Tauchschiffen (die genaue Zahl kennt niemand) sind ebenso wenig alle zu empfehlen wie die unzähligen Tauchschulen, die aus dem Boden schießen wie Unkraut nach einem Platzregen. Hier den Überblick zu behalten, ist selbst für Reiseexperten nahezu unmöglich geworden. Und genau da liegt das Problem. Denn alle Schiffe sind angeblich neu, mit Luxus ausgestattet, fahren auf Wunsch überall hin und der Dive - Guide kennt die besten Stellen. Aber stimmt das auch wirklich? Manches Schiff ist nur ein Kahn und nicht jede schwimmende Basis sollte sich so nennen.
Weil das Rote Meer das vermutlich meistbetauchte überhaupt ist, passiert erfahrungsgemäss auch einiges. Reiseexperten vor Ort haben UnterWasserWelt bestätigt, dass in Ägypten immer wieder Taucher auf Nimmerwiedersehen verschwinden, andere verunglücken zum Glück bloß. Die Unfallzahlen werden nie bekannt gegeben, doch schätzt man die Unfallquote auf gut und gern 100 Taucher pro Jahr. Nicht viel angesichts der Massen, die hier abgefertigt werden, aber trotzdem...
Tote haben offiziell immer einen Herzinfarkt erlitten. Somit sind alle Verantwortlichen aus dem Schneider. Und es sind beileibe nicht nur Anfänger, die verunfallen. Zu den Toten und Verunglückten gehören unter anderem viele Tauchlehrer, die sich überschätzt haben; meistens bei extremen Tieftauchgängen, die sie zur Selbstbestätigung und Egopflege gemacht haben.

Schön, wenn man über ein neues Schiff mit hohem Standard und eine Crew berichten kann, die sich absolut vernünftig verhalten hat und der man sich unbedenklich anvertrauen kann.

Schwimmende Basis

Vom Schiff aus zu tauchen hat Konjunktur. Man spart gegenüber dem Tauchen von einer Landbasis aus enorm viel Zeit. Drei Tauchgänge sind problemlos unterzubringen, manchmal noch einer bei Nacht. Nur auf einem Safariboot kann das Angebot „Non Limit“ wirklich ausgekostet werden. Gegen diese positiven Aspekte stehen allerdings eventuelle Probleme bei Seekrankheit (Reisepillen mitnehmen!) und die nicht kalkulierbare Anwesenheit von Mitreisenden, denen man gerne morgens zur akuten Mittelohrentzündung gratulieren möchte.
Als Unterwasserfotograf hat man zum Tauchschiff und den Dive - Guides immer eine besondere Beziehung, weil man mit großem Foto - Equipment nicht mehr zur Gruppe der Normaltaucher gezählt werden kann. UW - Fotografen sind Individualisten, wollen deshalb nicht im Pulk der anderen Taucher mitschwimmen. Schon aus diesem Grund müssen Sie einige Freiheiten beanspruchen, die aber mit vernünftigen Tauchlehrern an Bord problemlos geregelt werden können. Lisa und Paul, die Dive - Guides der „Emperor Frazer“, haben auf unseren Wunsch zwei Tauchgruppen gebildet, die immer auch zeitlich (mal diese, mal jene zuerst) versetzt ins Wasser gingen. Das hat hervorragend geklappt und beide Gruppen kamen sich nie auch nur im Geringsten ins Gehege. Toleranz und Rücksichtnahme sind wesentliche Bausteine einer harmonischen Tauchkreuzfahrt.
Da die „Emperor Frazer“ aus Sicherheitsgründen nicht immer direkt an allen Riffen und Wracks ankern kann, werden die Tauchplätze gelegentlich mit zwei großen Zodiac - Schlauchbooten angefahren. UW - Fotografen und Filmer lieben das nicht unbedingt, weil auf einem Schlauchboot im Gedränge so manches Malheur passieren kann. Aber auch diese Situationen hatten die Guides sehr gut gelöst. Videogeräte und Fotokameras wurden bei Bedarf separat mit einem Zodiac zum Riff gebracht und dort auch wieder abgeholt. Das war Service pur und trug wesentlich zum Funktionserhalt der Fotoausrüstungen bei.
Standard sind 12l - Geräte aus Alu. UW - Fotografen erhalten auf Wunsch auch 15l - Flaschen in Stahl. Ein Angebot, das freudig angenommen wurde, weil es das Arbeiten mit zwei Kameras in zeitlicher Hinsicht wesentlich erleichtert. Angeboten wird auf Wunsch auch Nitrox, was bei drei Wracktauchgängen am Tag eine mehr als vernünftige Entscheidung darstellt. Die Sicherheit könnte aber noch erheblich gesteigert werden, wenn die Nitrox - Füllungen kostenfrei wäre. Natürlich sollte einem das eigene Wohlbefinden näher stehen als einige EURO pro Nitrox – Tank, die Wirklichkeit sieht aber anders aus. Deshalb wäre es sinnvoll, nicht die Nitroxfüllungen mit einem Aufpreis zu versehen, sondern die natürliche Flaschenluft. Das käme der Tauchsicherheit noch mehr entgegen. Man sollte sich das wertfrei überlegen. Zudem könnten so ganz nebenbei auch noch etliche Nitrox - Kurse verkauft werden.

Tauchbetrieb und Planung

Zum Tauchen wird niemand gezwungen, wer aber will, kann sich Anemonen in den Ohren wachsen lassen, so oft kann er den Kopf unter Wasser stecken. Nach einigen Tagen relativiert sich das und die Anzahl der Tauchgänge pendeln sich zwischen 2 und vier, je nach Gusto, ein. Das Briefing von Tauchlehrer Paul (wahlweise in englisch oder deutsch) zu den einzelnen Tauchplätzen war eines der besten, die der Autor je in seinem langen Taucherleben gehört hat. Das zu toppen scheint kaum möglich zu sein. Der studierte Meeresbiologe weiß überall noch etwas Besonderes über die Fauna der Dive - Spots zu berichten. Fundiert, sachlich und hintergründig humorvoll erzählt er zu jedem Wrack kleine Geschichten über Ursache und Hergang des Unglücks. Genial sind die Freihandzeichnungen, die er zu den Tauchplätzen mit bewundernswerter Präzision auf eine Tafel malt. Unermüdlich drei- oder viermal am Tag.
Sehr gute Orts- und Nautikkenntnisse besitzt auch der Kapitän, der in der Weite des Roten Meeres zielsicher ein kleines Riff oder ein wenig betauchtes Wrack findet. Mit verblüffender Sicherheit führt er das Schiff an die wenigen einsamen Stellen, die noch verblieben sind. So konnten wir mit Erstaunen erleben, dass man im überfüllten Ägypten tatsächlich noch unter sich sein kann... jedenfalls zeitweise. Einfach ist es aber nicht, und man muss auch deutlich sagen, dass die meisten Wracks überlaufen sind. Nun kann man das mit unterschiedlichen Augen sehen. UW - Fotografen sind gern allein an einem Wrack. Insbesondere, wenn sie mit Superweitwinkeln oder Fisheyeobjektiven arbeiten und ein Model dirigieren. Doch Fotografen und Filmer haben ja kein verbrieftes Privileg. Andere Taucher sind auch noch da und wollen als zahlende Gäste ebenso ihr Recht. Da muss man sich arrangieren und auch mal auf das eine oder andere Weitwinkelbild verzichten. So schwer es auch fällt.
Positiv kann der Autor vermelden, dass - mit Ausnahme der Wracks - die meisten Tauchplätze in unverändert gutem bis sehr guten Zustand vorgefunden wurden. So war selbst am hochfrequentierten Ras Muhammad der Korallenbewuchs nicht sichtbar anders als 1975, in dem Jahr als der Autor mit dem VW-Bus im Sinai war und hier mit seinem Begleiter mutterseelenallein die Steilwände betauchte. Eines ist sogar besser geworden, das zutrauliche Fischleben. Vor 30 Jahren war es undenkbar, an einen Napoleon auf Armlänge heranschwimmen zu können oder von einem Zackenbarsch am helllichten Tag das Auge abzulichten. Der ausufernde Tauchbetrieb macht die Fische neugierig - mit Ausnahme der Haie. Ihnen scheint das dauernde Geblubber und Zischen auf die Nerven gegangen zu sein. Hairudel an der Südspitze des Sinais gibt es vermutlich nur noch in 100 Metern Tiefe. In den siebziger Jahren kamen sie uns unangenehmerweise bereits im Scharen im Flachwasser entgegen. Vielleicht ist es aber objektiv betrachtet so besser. Damals erlebten wir Scheinangriffe, dass uns nichts mehr einfiel.