by Rolf Sempert 7.09
Mit der MY Independence II im Roten Meer
Die “Indi” zwei rollt und stampft, es ist schwierig sich an Deck einigermaßen stabil zu bewegen. Der Wind wird stärker
und stärker und es ist, für des südliche Rote Meer im Mai, saukalt! Einen halben Tag lag die Independence II in ihrem Hafen Port Ghalib fest. Die ägyptischen Behörden fanden immer wieder eine neue Begründung warum die
Kreuzfahrt nicht beginnen könne, mal war es der Sturm, dann wieder angeblich unvollständige Listen…. Nun aber sind wir endlich unterwegs, nach einem Check-Tauchgang geht’s es nun zu unserem ersten
Topspot, dem Dedalus Riff. Sieben bis acht Stunden Fahrt liegen vor uns. Der Wettergott ist uns zwar nicht gnädig, vermutlich ist derzeit in Deutschland wärmer als auf dem Roten Meer, aber das stört hier niemand –
wir sind zum Tauchen hier und allein der Name des Riffs erweckt freudige Erwartung.
Vor uns liegt eine Woche tauchen an einigen der bekanntesten Riffe auf der sogenannten Südroute im Roten Meer.
Sich über die Tauchgebiete noch besonders auszulassen ist müßig – alle diese bekannten Top-Spots wie Dedalus, Elphinstone, Abu Dabab, Marsa Alam und viele mehr wurden schon duzende Male beschrieben. Unser
Augenmerk galt auf dieser Reise in erster Linie dem Safariboot, der „Independence II“
Angesichts der in den letzten Monaten immer intensiver geführten Diskussionen um die Sicherheit auf Safaribooten, haben wir
uns die Indepenence II gerade in dieser Hinsicht besonders intensiv angeschaut!
Die „Indi zwo“, wie sie von ihren Fans genannt wird, wurde 2006 in Dienst gestellt. Sie beruht in ihrer Konstruktion komplett
auf Plänen ihrer ehemaligen Eigner Frank Jahrsdörfer und Markus Ebert (seit 2010 unter der Regie von Bluewater Safaris).
Die Independence II ist 36m lang und erstreckt sich über drei Decks. Das Platzangebot ist
beeindruckend! Maximal 18 Passagiere können in 6 Deluxe-Doppelkabinen und 3 Suiten untergebracht werden, für das Wohl dieser sorgen bis zu 17 Mann Besatzung, vom Guide über die Deckhands und den Koch bis zum ägyptischen
Skipper. Die Kabinen sind äußerst großzügig geschnitten und bieten jede Menge Stauraum. Jede Kabine hat ihr eigenes Bad mit Dusche und WC – wobei die schiere Größe der Bäder echt beindruckend ist – auf so
manchem Boot ist die ganze Kabine kleiner als hier das Bad! Die Suiten befinden sich auf dem Oberdeck und können speziell gebucht werden, die Doppelkabinen wie üblich im Niedergang, dem Bauch des Bootes.
Auf dem
obersten, dem Sonnendeck, finden sich neben gemütlichen Bänken und Liegen, vier Whirlpools (!). Das Zwischendeck bietet eine Bar und einen Clubraum, eingerichtet mit einer Sitzgruppe, in deren Polster man geradezu
versinkt, in dem eine Videoanlage mit großem Flachbildschirm dazu einlädt, die frisch gedrehten Videos vom letzten Tauchgang oder einen Spielfilm von der DVD zu genießen.
Die Speisen werden im großzügigen Salon auf
dem ersten Deck eingenommen. Der Koch zaubert täglich Frühstück, Mittagessen, Nachmittagssnack und zum Diner ein wirklich schmackhaftes Büffet, das kaum Wünsche offen lässt. Und, Hand aufs Herz, auf welchem Safariboot
werden Sie, wie auf der Indi, mit frischem Lobster verwöhnt? Mir ist das jedenfalls bisher nicht unter gekommen.
Einen besonderen Service stellen die Frottee – Bademäntel dar, die sich in jeder Kabine
befinden. Es ist schon sehr angenehm, nach dem Tauchgang in einen dieser Mäntel schlüpfen zu können und nicht nass und frierend in die Kabine gehen zu müssen.
Für die ‚After Dive’ Zeiten können die Whirlpools
wärmstens empfohlen werden.
Und, es gibt noch ein spezielles Serviceangebot: Massagen! Marianna, Norwegerin und ausgebildete Masseurin, bietet für wenig Geld eine professionelle Massage an, die auch die härtesten,
eventuell durch das Schleppen der Ausrüstung entstandenen Verspannungen aus den Muskeln treibt und träges Wohlbehagen zurück lässt... auf dem Weg zum nächsten Tauchplatz.
Angetrieben wird die Independence von
zwei Deutz Dieselmotoren mit jeweils 1256 PS – genügend Vortrieb, um auch bei den eingangs geschilderten Wetter- und Wasserverhältnissen ohne Verlust an Geschwindigkeit die doch teilweise beträchtlichen
Entfernungen zwischen den einzelnen Tauchspots zu überwinden.
Für ausreichend Frischwasser sorgt, neben den 12.000 Litern in den Tanks, die selbstverständlich bei jedem Aufenthalt im Hafen gefüllt werden, eine
Wasseraufbereitungsanlage, die pro Stunde 300 Liter frisches Wasser in Trinkqualität liefert.
Zwei Generatoren, vollautomatisch geschaltet, um auch Spitzenlasten verkraften zu können, liefern 24 Stunden täglich Strom
für alle denkbaren Verbraucher – und dies ohne lästige Umschaltpausen und – was besonders sensiblen Seelen entgegenkommt – so gut schallgedämpft, dass keinerlei Lärm den wohlverdienten Schlaf
stört.
Pressluft oder Nitrox? Keine Frage, beides steht selbstverständlich zur Verfügung. Nitrox liefert eine Coltri Membran-Anlage, für die Pressluft sind 2 L&W Kompressoren zuständig. Wie das ganze Boot wirken
auch diese Anlagen sehr gepflegt und gut gewartet.
Das Tauchdeck ist von genügender Größe, so dass sich die Taucher während der Vorbereitungen auf den Tauchgang nicht gegenseitig behindern. Die Crew erweist sich als
hilfsbereit und aufmerksam. Vermisst haben wir lediglich einen Spültank für die Kamera. Der angebotene Kübel ist schlicht zu klein um ein richtiges Fotogehäuse darin spülen zu können. Aber, wie man mir versicherte,
wurde diese Kritik aufgenommen und für Abhilfe soll möglichst bald gesorgt werden.
Die „Indi zwo“ wird im Wesentlichen von Stammgästen gebucht, die bereits mit der kleineren „Independence I“ auf der
Nordroute oder bei ihrem Einsatz als Tagesboot unterwegs waren.
Die Klientel besteht hauptsächlich aus deutschsprachigen Gästen sowie Griechen.
Zur Sicherheit auf dem Schiff und beim Tauchen
Um es mit einem Wort vorweg zunehmen: Vorbildlich!
Die gesamte elektrische Anlage des Bootes ist 3- oder 5-polig ausgeführt! Hier bricht der Elektriker, welcher Frank per Ausbildung ist, durch. Das heißt
also, die ganze Elektrik ist geerdet. Ein Faktum, der auf Booten in Ägypten wahrlich nicht selbstverständlich ist – im Gegenteil! So mancher Brand auf Tauchbooten ist der mangelhaften elektrischen Sicherheit
geschuldet. Für die Erdung auf der Indi sorgen zwei Kupferplatten im Rumpf. Auch sieht man im gesamten Schiff keine Kabelenden oder ähnliches, die nicht isoliert wären. Keine Batterieanschlüsse, die lediglich per
blankem Kupferkabel an ihrem Verbraucher festgedreht wurden und zur Funkenbildung geradezu herausfordern. Das obligatorische Satellitentelefon könnte übrigens auch zur privaten Kommunikation genutzt werden – nicht
überall auf dem Roten Meer steht ein Funknetz zur Verfügung – allerdings ist dieser Spaß dann nicht ganz billig - stolze € 5,- pro Minute schlagen da zu Buche.
Selbstverständlich verfügt die
Independence II über GPS, Kompass, Radar und Echolot. Im Schiffskörper ist eine Wasserstandsanzeige mit Mess- und Meldestellen an mehreren Punkten des Schiffs montiert, die etwaigen Wassereinbruch schnell und
zuverlässig meldet. Zwei Rettungsinseln für je 25 Personen sind für den hoffentlich nie auftretenden äußersten Notfall – sinkendes Schiff – auf dem Vorderdeck so verzurrt, dass ein Handgriff genügt,
sie frei zu machen. Eine Feuer Warn- und Löschanlage sowie Feuerlöscher in den Kabinen und an strategisch wichtigen Stellen im Boot unterstützen den allgemein sehr guten Eindruck von den Sicherungseinrichtungen der
Independence.
Selten habe ich einen derart vollständig und perfekt ausgestatteten Notfallkoffer an Bord eines Tauchbootes gesehen! Frischwasser, Signal-Munition, Kekse – alles im schwimmfähigen Koffer –
vorbildlich!
Für die medizinische Notfallversorgung, sollte sie denn erforderlich sein, stehen ein Defibrillator und ein DAN-Koffer zur Verfügung. Sollte eine Beatmung nötig werden, eine 50L Sauerstoffflasche bietet
ausreichend O2 – und sollte diese nicht reichen, der Nitrox-Kompressor liefert im Bedarfsfall reinen Sauerstoff (unter max. 10bar)!
Was der Erste Hilfe Koffer an Medikamenten, Ampullen für Herz, Kreislauf und
was auch immer, anbietet könnte manche Dorfapotheke neidisch werden lassen! Es passt in das allgemeine Bild, dass alles natürlich frisch ist, wir konnten nichts finden, dessen Ablaufdatum überschritten gewesen wäre. Da
für eine derartige Prüfung mein medizinisches Fachwissen bei weitem nicht ausreichend ist, wurde ich bei der Beurteilung des Medikamentenangebots von einem mitreisenden Arzt unterstützt.
Jeder Mitreisende, ob
Taucher oder nicht, wird vor Beginn der Reise in einem Briefing mit Rundgang durch das Boot, auf all diese Sicherheitseinrichtungen hin- und eingewiesen. Auch eine Zuweisung wer im äußersten Notfall für welchen Koffer
zuständig ist erfolgt.
Zur Sicherung des Tauchbetriebes ist die Indi mit einer ENOS Anlage ausgerüstet. Jeder Taucher erhält vor Beginn des Tauchbetriebes einen Sender, der während der gesamten Reise ihm
persönlich zugeordnet ist. Wann immer sich Taucher im Wasser befinden sitzt Holger, Techniker an Bord der Indi, mit stoischer Miene vor dem Display des Empfängers und hofft, dass kein Signal angezeigt wird – wäre
dies doch der befürchtete Notfall eines abgetriebenen Tauchers. ENOS würde im Fall des Falles die Richtung und Entfernung anzeigen, in welcher der Havarist zu suchen wäre und so ein rasches Auffinden und Bergen
ermöglichen.
Es gehört zu den Basics des Tauchbetriebes von Booten aus, dass, solange sich Taucher im Wasser befinden, die beiden Schlauchboote mit laufendem Außenbordmotor sich in der Nähe der Stelle aufhalten, wo
die Blasen an der Wasseroberfläche die ungefähre Position der Taucher anzeigen.
Fazit
Selten habe ich auf einem Tauchboot derartig vollständige, hervorragend
gewartete und gepflegte Sicherheitseinrichtungen gefunden.
Service, Sicherheit, Verköstigung, Tauchbetrieb – alles ist uneingeschränkt positiv zu beurteilen. Ganz klar, eine Safari mit der Independence II
deckt sich nicht mit den unterirdischen Preisvorstellungen fatalistischer Schnäppchenjäger. All die beschriebenen Sicherheitseinrichtungen und Serviceleistungen, zweifelsfrei notwendiger Standard für die seriöse
Gestaltung von Tauchsafaris, kosten Geld. Wer für eine Woche Kreuzfahrt im Roten Meer sein Limit bei € 400,- ansetzt, fährt – plastisch verglichen, sein Auto ohne Luft und Profil am Reifen, mit
defekten Bremsen und ausgefallener Lichtanlage. Keine Angst, dieses Gästeklientel finden Sie auf der hochwertig ausgestatteten und eine angenehme Atmosphäre verbreitenden Independence II nicht. Und, wenn sich aufgrund
weit schwächerer Motorisierung viele Boote an einschlägigen Tauchspots tummeln, eröffnen sich von Bord der Independece II aus tatsächlich die Möglichkeiten allein an nahezu unberührten Plätzen das Rote Meer in seiner
schönsten Form zu ertauchen.
Buchung: www.bluewater-safaris.com