by Michael Goldschmidt & Ilka Weber 4.09
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Testvideo |
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Fakten |
Sag niemals nie. Die mittlerweile in allen Facetten und Konstruktionsansätzen erteilten Patente für Taucherantriebe ließen der Vermutung weiten Raum, dass
es kaum mehr möglich sei, nochmals ein völlig neues Flossenkonzept mit erstaunlichen Eigenschaften zu entwickeln. Weit gefehlt, SCUBAPRO legt sich aktuell ins Zeug und präsentiert die Seawing Nova, im futuristischen
Design, der Natur abgeschaut und unbestreitbar antriebsstark.
Hat man die Jetfin – Idee wieder aufgegriffen, die Flossen mit einem Durchströmungskanal zwischen Fußteil und Flossenblatt
kennzeichnet? Nach einer Testreihe der US – Navy, bei der vor Jahren die Jetfin – Flossen ihres Nimbus beraubt worden waren, besondere Effizienz beim Vortrieb zu haben, gab es nur noch für einen kleinen Kern
standhaft emotional veranlagter User, dazu gehören viele Tech – Taucher, Jetfin – Modelle zu kaufen.
Wenn man die Namenserweiterung „nova“ – also „neu“ – für ein Produkt
wählt, weist man damit sinnvollerweise auf einen erfolgreichen Vorgänger hin. Und eine Seawing – Flosse gab es tatsächlich schon von SCUBAPRO, mit Ansätzen der heutigen Technologie. So erkennt man eine
angedeutete Trennung von Fußteil und Flossenblatt, die allerdings Jetfin – Kanäle simulieren und dazu eine dreisegmentige Zahnung an den beiden zentralen Verbindungsstegen zeigen, die jedoch nur in weit
geringerem Maß flexibel reagieren, wie beim aktuellen Tauchantrieb. Der Kunststoff, aus dem das farbig transparente Flossenblatt gefertigt war, hatte man Hyperthane getauft. In der Summe war die Seawing nicht nur ein
Hingucker aufgrund des eigenständigen Designs, sie war auch weit verbreitet und konnte mit der brettharten „Gorilla“ , der Hardliner – Version im schwarzen Look, auch jene zufrieden stellen, die sich gerne
im Spannungsfeld eines drohenden Wadenkrampfes durchs Riff schoben. Ich selbst tauchte die klassische Seawing einige Jahre und erlebe nun ein Art Zeitreise.
Der Seawing „klassik“ wie „nova“ gleich ist das
vom Fußteil ausgehend leicht nach unten abgewinkelte Flossenblatt und ein im Windkanal geprägtes Design. Allerdings, das sei vorausgeschickt, Flügel verleiht die Seawing Nova nur trainierten Waden, wie es
Technikredakteurin Ilka Weber schon im Statement des Testvideos formuliert und dem kann ich im Grunde nur beipflichten.
Technik
Beim bloßen Ansehen meint man, dass SCUBAPRO die Technik des Durchströmungskanals wiederbelebt hat, jedoch, der Eindruck täuscht. Der Spalt zwischen Fußteil und Flossenblatt hat bei der Seawing Nova andere Aufgaben
zugewiesen bekommen, er macht Platz für ein Gelenk, die Powerrippen. Damit werden Fußteil und Flossenblatt als klassische Einheit voneinander abgekoppelt mit dem Ziel, ab einem bestimmten Druck auf das Flossenblatt,
also beim Erhöhen der Geschwindigkeit, den Beinschlag dynamisch zu unterstützen. Je höher die vom Taucher angelegte Kraft, desto stärker reagiert das Flossenblatt mit deutlichem Ausschlag, wobei dessen Powerrippen
anatomisch dem Vorbild der Schwanzflossen großer Meeressäuger folgen. Durch den Spalt am Blattansatz kann das Wasser, je nach Ausschlag nach oben oder unten verdrängt, ohne Stau abgeleitet werden. Deutliche Kanäle an
den Ober- und Unterseiten, gebildet aus sich zur Flossenspitze hin verjüngenden Rippen, unterstützen die geradlinige Führung des Wasserstroms. Und ähnlich zu den Tragflügeln moderner Jets sind die Flossenränder zum
Abschluss hin deutlich nach oben gebogen. Eine vor der Flossenspitze mit Führungskanal eingearbeitete ovale Öffnung verhindert Verwirbelungen, die sonst bei flottem Tempo durch den Strömungsabriss auftreten könnten,
Vortriebsverlust und Einbußen bei der geradlinigen Fortbewegung werden so vermieden.
Das Fußteil der Seawing Nova ist an der Sohle gut 5 Zentimeter länger, als bei ihrer Vorgängerin, damit schafft man eine größere
Fläche zur Kraftübertragung, ein Prinzip, mit dem aktuell auch ein Wettbewerbsprodukt aus Italien zum Teil sein Finetuning gestaltete.
Seitlich vom Zehenbereich des Fußteils setzen sich parallel kleine
„Tragflächen“ ab, auch so ein kleines Detail unterstützt die Wirkung des Antriebs.
Die Außenseite der Flossensohle erscheint auf den ersten Blick nicht sonderlich strukturiert, um auf Geröll oder Fels ein wenig
dem Abrutschen Paroli bieten zu können, lediglich ein tief eingeschnittenes S, das Wahrzeichen von SCUBAPRO, bewirbt sich zentral als „Haltmacher“ . Jedoch, an den Rändern der Sohle sind ergänzend halbmondförmige
Elemente platziert, die den Grip unterstützen. Schon auf den ersten Blick lobenswert ist die große Entwässerungsöffnung, die das Ansaugen des Fußteils und entsprechende Beschwernis beim Ausziehen der Seawing Nova
ausschließen soll.
Springstraps für jedermann, so könnte man das Flossenband – Konzept umschreiben. Die Idee ist gut, das Fersenband muss nicht angepasst werden. Es ist so elastisch, dass genügend Spielraum
gegeben ist, das Springstrap – Fersenband ohne Mühe überzustreifen, bei gleichzeitig sicherem Sitz am Fuß über den gesamten Tauchgang durch alle Tiefen. Groß dimensioniert ist die Anziehhilfe für das Flossenband,
eine dreieckige Öse aus Gummi, in die auch ein Finger im dicksten Handschuh passt. In drehbaren Schnallen aus ABS – Kunststoff st das Fersenband am Fußteil befestigt.
Nun muss nur noch ein Wort über das
Flossenmaterial gesagt werden. Es hat seine Wurzeln in der Weltraumtechnologie und heißt „Monoprene“. Wer es genauer wissen möchte, es handelt sich dabei um eine Mischung aus Polymeren und Thermoplastik.
(Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Polymer und http://de.wikipedia.org/wiki/Thermoplast )
Praxis
Wie beschreibt Technikredakteurin Ilka Weber den ersten Eindruck von der Seawing Nova: „ Eine kraftvolle Flosse mit großer Antriebsfläche,... die trainierte
Waden abverlangt “ (zum Video)
Doch der Reihe nach. Dass das Auge vom Design der Seawing Nova angesprochen wird, pro oder contra, steht wohl außer Zweifel. Mit der Seawing Nova am Fuß zählt man nicht zu
den Mauerblümchen. Das Anziehen ist ein rasch erledigter Vorgang, die Gestaltung der Springstraps spricht für sich. Gleiches gilt für das Ausziehen der Flosse, zusätzlich unterstützt von der großen
Entwässerungsöffnung.
Das Antriebsgefühl ist deutlich zweigeteilt. Im Spargang meint man fast eine Splitfin zu tragen, gibt man Gas, dann powert die Seawing Nova voran, im Zwiegespräch mit dem Trainingszustand des
Users. Die Waden sind in die Kommunikation einbezogen und sollten deshalb übers Jahr auch etwas trainiert sein, um die Power der Flossen ohne Reue genießen zu können.
Ein Tipp für den aktiven Gebrauch: Die Seawing
Nova entwickelt schon im moderaten Vortrieb eine so gebündelte Weiterleitung des Wassers vom Flossenblatt weg, dass man vom Grund etwas größeren Abstand halten sollte, um Sedimentaufwirbelungen zu vermeiden. Wie
bei einem Ferrari, mit dem fährt man auch nicht mit forcierter Geschwindigkeit über einen unbefestigten Feldweg. Die Gewichtsbilanz ist hinsichtlich der Mitnahme im Fluggepäck positiv zu bewerten.
Fazit
Trotz allem funktionalen Design, die Seawing Nova hat ihre Ecken und Kanten. Und das verleiht ihr Charakter. Eine spannende Flosse, ein herausfordernder Antrieb. Kein
Waschlappen, auf Anhieb kein Kompromiss für Jedermann, mit etwas Training aber dann richtig verlockend. Eins hat ihre Vorgängerin nach wie vor im Plus: Die damals trendige Farbauswahl. Die Seawing Nova beschränkt sich
auf schlichtes Schwarz.