UnterWasserWelt - das Onlinemagazin seit 1999
zum aktuellen Magazin UnterWasserWelt

Flusstauchen: Im Sog der Strömung

by Herbert Frei 4.01

In Seen tauchen ist normal, in Flüssen und Wildbächen nicht. Aber gerade das macht den besonderen Reiz aus. Sinn macht Flusstauchen aber wirklich nur, wenn die Sichtweiten akzeptabel sind, also 5 m und mehr.

Beträgt die Transparenz weniger, besteht die Gefahr, dass man Hindernisse zu spät erkennt, wenn die Strömung entsprechend stark ist. Man knallt dann gegen Felsen, Steine und versunkene Bäume, Verletzungsgefahr nicht ausgeschlossen. Noch krimineller wird es, wenn man sich sorglos kilometerweit unter Wasser treiben lässt und in die Fänge eines Wasserfalls gerät oder in die Turbinen eines Wasserkraftwerks gesogen wird. In allen bekannten Tauchflüssen sind deshalb entweder am Grund farbige Bänder gelegt oder auf der Wasseroberfläche eine Leine mit Hinweis gespannt. Diese Markierungen sollten niemals Überschwommen werden, weil Lebensgefahr bestehen kann. Von Kraftwerken muss man als Schwimmer oder Taucher laut Gesetz sowieso mehr als 100 m entfernt bleiben.

Unkundigen muss dringend geraten werden, sich beim Flusstauchen in die Hände von erfahrenen Guides zu begeben. Sicher und behütet taucht man in ausgewiesenen Flusstauchschulen. Sparen Sie hier nicht am falschen Fleck, auf die paar Euro kommt es wirklich nicht an. Hände weg von Solotouren, wenn Sie ein Fließgewässer nicht kennen. Man sollte nämlich nicht entrückt flussabwärts tauchen, ohne eine passende und bekannte Ausstiegsstelle zu kennen. Vergessen Sie auch nicht, dass man sich an der Ausstiegsstelle wieder abholen lassen muss, sonst sind teure Taxifahrten fällig. Und ob man Sie auf diese Weise mit dem nassen Gerödel transportiert, muss ernsthaft bezweifelt werden.

Organisation und Übersicht sind die wesentlichen Faktoren eines Flusstauchganges. Die Gruppe sollte überdies klein und überschaubar gehalten werden. Tauchanfänger sind nicht unbedingt die geeigneten Partner.   Flusstauchen ist richtig angewandt nicht gefährlicher als das Tauchen in Baggerseen. Man muss nur wissen, wann es waghalsig und nicht mehr kontrollierbar wird. Beispielsweise, wenn man mit der Ausrüstung über Felsen klettern und von großer Höhe hinein springen muss. Vielleicht locker machbar bei trockenem Wetter, aber potent gefährlich bei Nieselregen. Ebenso können sich ansonsten harmlose Fließgewässer nach Regenfällen in reißende Sturzfluten verwandeln und den Drive zum unkalkulierbaren Roulette machen. Vorsicht sollte auch nach der Schneeschmelze geboten sein. 

Die Faszination des Flusstauchens liegt aber weniger im Risiko als im visuellen Erlebnis. Das sanfte Vorbeigleiten an Felsen und Fischen kann süchtig machen, weil sich alles in der Bewegung abspielt. Forellen und Saiblinge kommen heran bis zur Maske. Manchmal begegnet man einem Huchen oder einem Barbenschwarm. Äschen flitzen an einem vorbei, unter Steinen glotzen Groppen hervor, am Ufer stehen Hechte, Zander und Karpfen. Flussbarsche kommen neugierig näher, die UW -Landschaften wechseln von Minute zu Minute, Höhlen, Grotten, Überhänge und Durchbrüche sorgen für Kurzweil, Steilwände und Schluchten gleiten an einem vorüber. Ein Erlebnis besonderer Art ist die Begegnung mit einem Flusswels. In Flüssen herrschen oft grandiose Lichtstimmungen, hervorgerufen durch Grundreflexionen und Partikel, die im Wasser treiben. Die Sonne leuchtet mitunter in knalligem Gelb herab. 

Auch wenn das Wasser warm sein sollte, die Tauchkleidung muss vollständig sein. Lange Neoprenhose (kein Shorty) oder Trockentauchanzug sind obligat. Wenn Sie fotografieren, sollten Sie vorsichtig sein und nicht mit der Kamera über Felsen rutschen, auch wenn das Spaß macht. Nach Filmende sollte der Port mit einer Schutzhülle überzogen werden, damit er nicht versehentlich zerschrammt wird. Zwei Kameras sollten Sie nur mitnehmen, wenn ein freundlicher Begleiter eine davon in seine Obhut nimmt.

Eng verwandt mit dem Flusstauchen ist das Scubing. Nur trägt man hier kein Gerät. Im übertragenen Sinne ist es ein Flussschnorcheln. Man macht es hauptsächlich, wenn das Fließgewässer zum Tauchen ungeeignet ist, also viele aus dem Wasser ragende Felsen besitzt und problematische Flachstellen aufweist. Scuben kann auch jemand, der nicht tauchen kann, gute Schwimmkenntnisse vorausgesetzt. Beim Scuben verzichtet man auf das Blei, weil man sich mit dem Gürtel in Astwerk verfangen kann. Ein vollständiger Anzug ist Voraussetzung, ebenso Maske und Schnorchel. Abtauchen sollte unterlassen werden, denn es besteht die Gefahr, dass man sich unter Felsen oder in Höhlen wiederfindet und der Wassersog einen nicht mehr auslässt. Ansonsten ist Scuben ein herrliches Erlebnis, das man aber ebenso wie Flusstauchen nur in Begleitung eines ortskundigen Führers unternehmen sollte.