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© UWW / Falk Wieland

by Falk Wieland & Cornelia Beyer 11.09

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Der Senftenberger See an der Südgrenze von Brandenburg brilliert mit außergewöhnlichen Sichtweiten im Süßwasser und zwei Wracks. Dieser See war gleichsam das Studienobjekt für Wasserwirtschaftler und Geologen, wie man aus einer riesigen Kohlengrube ein Erholungsgebiet gestalten kann. Der See ist ein angenehmes Wochenendreiseziel und in Verbindung mit den Industriedenkmalen der IBA SEE betrachtet sogar eine mehrtägige Reise wert. Falk Wieland und Cornelia Beyer erkundeten in der Niederlausitz für UnterWasserWelt.

Blau glitzernd lockt das Wasser des Senftenberger Sees. Wir steigen die großzügig dimensionierte Treppe vom DINO - Basisgelände zum Tauchersteg hinunter. Auf der Holzplattform können wir uns fertig ausrüsten, ehe es über die Taucherleiter oder mit kühnem Sprung ins Wasser geht. Der erste Blick unter die Wasseroberfläche offenbart eine sehr gute Süßwassersicht. Bis zu 15 Meter Transparenz haben wir hier im Jahresgang schon erlebt. Das Wasser ist blau wie in Messinghausen.
In geringer Tiefe wuchern bis zu mannshohe Bestände einer feingliedrigen Pflanze: Die Untergetauchte Zwiebelbinse kommt mit dem sauren Wasser des alten Tagebausees gut zurecht und erfreut das Auge mit dichten grünen Pflanzen – Bulten* und rötlich schimmernden Verzweigungen. Wer genau hinsieht, erblickt in diesen unterseeischen Binsen allerhand bizarre Wasserinsekten und deren Larven. Besonders fallen räuberische Libellenlarven und die trichterförmigen Fangnetze der Köcherfliegenlarven aus der Rhyacophila - Familie auf.
Wir tauchen vor bis zum ersten Abbruchrand des stufig abfallenden Tagebausees. Dort befinden wir uns 6-8 Meter tief und können aus dieser Position sowohl das Flachwasser als auch tiefere Regionen des Seegrundes überblicken. Der Senftenberger See ist ein Gewässer der klaren Farben. Blassblau schimmert das Wasser. Zuweilen ist der Grund flächig von hellgrünen Fadenalgen überzogen. An anderen Stellen strahlt der Seeboden ocker bis rotbraun, ja beinahe rostig.
Dies ist gar nicht so falsch, denn das hinzutretende Grundwasser ist sauerstofffrei und bringt zweiwertiges Eisen mit. Dieses wird vom sauerstoffreichen Wasserkörper des eigentlichen Sees oxydiert und fällt als Eisenocker auf den Seeboden aus. Diese Eisenockerflocken sind sehr weich und leicht aufzuwirbeln. Eisenocker ist eine Eigenart bestimmter Tagebauseen, die eine Braunkohle -Vergangenheit haben. Verschiedentlich liegen im Eisenocker dunkelbraune, ziemlich wuchtige Findlinge. Diese gewaltigen Steine befanden sich einst im Südfeld des früheren Tagebaues Niemtsch. Sie gelten als Ablagerungen der Saale - III - Eiszeit und wurden zur Böschungsstabilisierung wieder verkippt.
An der Abbruchkante stehen einige Althölzer, die malerisch mit Fadenalgen behangen und ebenfalls mit Eisenocker überzogen sind. Ein bizarrer Anblick.
Dann kommt das erste Wrack in Sicht: Das robuste Holzboot MÖWE stammt von der Ostseeküste, wie das Typschild im Fahrstand noch beweist. Das ehemals wahrscheinlich seefeste Boot liegt auf ebenem Kiel und ist ebenfalls von langen Algenfransen bedeckt. Durch diesen Algenbehang wirkt es auf rätselhafte Weise uralt und vergänglich. Dennoch wird das Holzboot im sauren Tagebausee vermutlich länger Bestand haben als Metallschiffe. Das Holzboot MÖWE ist ein prima Fotomotiv im klaren Wasser. Im Inneren liegen noch Ankerketten, man sieht den Wellentunnel, Flansche und natürlich Ruder und Schraube.
Nur etwa 10 Meter entfernt ruht das zweite Wrack dieses Seeteils. Dieses Wrack war eigentlich zuerst da. Es handelt sich um das erste Fährschiff, das ab 1974 den Senftenberger See befuhr. Allerdings ist dieses Stahlschiffswrack von der Größe einer Personen - Elbfähre vom sauren Wasser bereits stark korrodiert. Die Bordwände sind bereits bis auf nur noch etwa einen Meter Höhe „heruntergeknabbert“, allein die Edelstahlreling und das Achterschiff mit der Schraube trotzen den korrosiven Wässern.
Vom alten Fährschiff führt eine Leine zum Hindernis - Parcours aus im Wasser schwebenden Traktorreifen. Diese Strecke dient für das Training dessen, was Tauchschulen zuweilen als „Tarieren in Perfektion“ lehren und verkaufen. Wenngleich die beiden Wracks die tollsten Schaustücke im See sind, können wir auch noch eine Telefonzelle betauchen und in 14 Meter Tiefe einen komplett eingerichteten Computer- und Büro-Arbeitsplatz besuchen. Doch dies ist höchstwahrscheinlich genau das, was die meisten Menschen beim Tauchen auf ein paar Stunden vergessen wollen...
Ferner stehen vor der Basis eine vierstufige große Übungsplattform und eine Taucherglocke. Leider ist aktuell die Kunststoffhaube der Glocke defekt, aber über einen Ersatz wird bereits nachgedacht.
Mit seinen 18 Metern Maximaltiefe und den langen Sandstränden ist der Senftenberger See ein freundlicher Familientauchplatz. Hier kann man es bei Sonne gut aushalten und einfache, auf Grund der guten Sicht sehr angenehme Tauchgänge unternehmen.
Gleich hinter der Basis verläuft die Seepromenade; ein gut asphaltierter Weg durch den Wald und rund um den See. Hier sind Spaziergänger, Radfahrer und Skater in ihrem Element, Autos dürfen diesen See - Rundweg nicht befahren, sondern nur kurz zur Entladung überqueren.
Getaucht wird allein in dem SÜDSEE benannten südlichen Teil des Senftenberger Sees. Der Hauptteil der Wasserfläche nördlich der langgezogenen Insel ist für den Tauchsport gesperrt und wird von Fischern bewirtschaftet. Obwohl es im 25 Meter tiefen Nordteil viele Fischarten bis hin zur Großen Maräne gibt, sehen wir im SÜDSEE allenfalls zufällig ein paar Barsche. Dies liegt daran, dass der Südsee nur durch zwei schmale, verkrautete Kanälchen mit dem Nordteil verbunden ist. Es gibt kaum eine Durchströmung, so dass der SÜDSEE von der neutralisierenden Wirkung des einströmenden Flusswassers nur wenig profitiert. Bei Niedrigwasser findet eine periodische kleine Rück-Versauerung statt, die allerdings auch die gute Sicht für die Taucher erhält.
Das oft erwähnte saure Wasser ist als Badewasser völlig unbedenklich. Weil über dem angeschnittenen Braunkohleflöz Pyrit (Schwefelkies) lagerte, kommt es bei ansteigendem und austretendem Grundwasser immer wieder zur Oxydation des Pyrits: es zerfällt in Eisen und Sulfat-Ionen. Die Sulfat-Ionen versauern das Seewasser, das Eisen fällt als Ocker aus. Der pH-Wert des Südsees beträgt oft zwischen 5 und 6. Zum Vergleich: Bereits ab etwa pH 4,5 können widerstandsfähige Fische wie etwa Barsche leben und sich fortpflanzen, dennoch suchen sie diesen Seeteil nur zögerlich auf.
Der Senftenberger See ist ein älterer Tagebau und man hat anhand seiner Flutung Erfahrungen für die Rekultivierung von Kohlegruben gesammelt. Der heutige See hat als TAGEBAU NIEMTSCH von 1940 bis 1966 Braunkohle geliefert. Nach dem Abbau von 135 Millionen Tonnen Kohle begann im Jahr 1967 die Flutung und dauerte bis 1972 an. Nachdem man in der Tagebauzeit das Flüsschen Schwarze Elster um die Grube herum in ein neues, komplett eingedeichtes Flussbett verlegen musste, diente danach das Flusswasser als Flutungswasser. Der Senftenberger See wurde als SPEICHERBECKEBN NIEMTSCH in ein Wasserwirtschaftskonzept integriert. Dies bedeutet, dass der See Hochwasserspitzen des Flusses wie eine Talsperre abfangen kann und in den Sommermonaten zur Niedrigwasser - Aufhöhung der Schwarzen Elster dient. Dieses Verfahren hat im Senftenberger See Wasserspiegelschwankungen von höchsten 80 Zentimetern zur Folge. Alljährlich im April ist der See voll.

Anfahrt

Von der A 13 Dresden-Berlin an der AS Ruhland / Brieske abfahren und auf der B169 in Richtung Senftenberg fahren. Nach der Ortsdurchfahrt Brieske geht es rechts ab in Richtung Niemtsch. Dieser Straße folgen, Niemtsch durchqueren in Richtung Peickwitz. Bald wird eine Abzweigung erreicht, an der verschiedene Pfeile nach links zum See weisen, auf einem steht ausdrücklich TAUCHSPORT. Nun der Beschilderung folgen. Sie erreichen die mit Tor gesicherte Einfahrt zur Bungalowsiedlung „Südsee e. V.“, biegen dort noch einmal links ab und fahren neben dieser Waldsiedlung bis zum Parkplatz für Taucher.

DINO - Basis am Senftenberger Südsee
 
Die Basis wird vom Tauchverein DINO e. V. am Wochenende betrieben. Die Basis ist am Wochenende auf Tel. 03573-81 444 zu erreichen, zu allen anderen Zeiten über die mail-Adresse t.ambrosius@web.de . Auf der Basis gibt es selbstverständlich Luft, und auch ein kleines Imbissangebot. Weil die Basis in Kooperation mit der Tauchschule Senftenberg betrieben wird, kann man sich auch an die TS Senftenberg (Tel. 03573-792 177, www.tauchschule-senftenberg.de   wenden. Ein Tauchtag kostet am Südsee 5 Euro Tauchgebühr und 2,50 Euro Parkgebühr.

Übernachtung

Unter www.senftenberger-see.de finden sich viele regionale Angebote vom Zeltplatz über Ferienhäuser bis zum Hotel. Ferner erreicht man über www.tauchen-in-senftenberg.de und Mobiltelefon 0171-700 9401 einen zweiten am Senftenberger See ansässigen Tauchverein. Das Clubgelände dieses Vereins (TSV Senftenberg II) ist etwas weiter vom Wasser weg als die DINO-Basis, dafür darf man hier zelten und Wohnmobile abstellen.

Kulturreise

Auf www.iba-see.de finden Freunde von Industriefolge-Landschaften alle Details der Internationalen Bauausstellung Fürst-Pückler-Land 2000 bis 2010. Kurz gesagt werden im Rahmen der IBA die monumentalsten Bauwerke von 150 Jahren Braunkohlenwirtschaft in der Niederlausitz erhalten und einer neuen kulturellen Nutzung zugeführt. Die Lausitz muss man gesehen haben, nicht nur unter Wasser.


* Bulten http://de.wikipedia.org/wiki/Bulte