by Michael Goldschmidt 3.11
Als der Tauchsport noch in den
Kinderschuhen steckte, war das Mittelmeer entlang der Küsten Italiens das Dorado für die sich langsam entwickelnde Gruppe der Unterwassersportler. Dort wurde das Gros der Tauchausbildungen absolviert, mein eigener Start
in die Tauchsportkarriere auf Elba ist auf 1984 datiert. Dann kam der Run aufs Rote Meer und viele Sporttaucher orientierten sich neu, steigende Preise und stellenweise deutliche Veränderungen bei Fauna und Flora hatten
darauf großen Einfluss.
Aber, vielerorts hat sich die Situation unter Wasser wieder deutlich verbessert und wo bekommt man auch über Wasser so viel fürs Auge geboten und vergessen wir dabei auch nicht
die hervorragende Italienische Küche mit ihren vielen regionalen Spezialitäten. Der Pinienduft, das Aroma der Macchia, sinnliche Gerüche der wilden Natur, vermischt mit dem frischherben Geschmack des Meeres, das ist
Italien und nicht Ägypten!
Der bekannte Tauchsportjournalist und Unterwasserfotograf Frank Schneider hat mit den Co – Autoren Leda Monza und Martino Motti einen Tauchreiseführer der Italienischen Inseln
verfasst. Ich meine, dieses Buch ist gerade zur richtigen Zeit herausgegeben worden, denn durch die politischen Veränderungen im nordafrikanischen Raum überdenkt ein nicht außer Acht zu lassender Teil von Sporttauchern
deren Reisegewohnheiten. Tropische Ziele sind nur mit wesentlich höherem Geld- und Zeitaufwand zu erreichen, was gerade auch für Familien mit normalem Haushaltseinkommen nicht in Frage kommt. Die Alternaive: Italien mit
dem eigenen Fahrzeug und der eigenen Ausrüstung, ohne Stress am Flugplatz und den Zusatzkosten fürs Tauchgepäck, anzusteuern.
Schon auf Seite 38 entdecke ich den Tauchplatz Nasim II vor der Insel Giannutri. Es
handelt sich um ein Wrack, das bis auf 62 Meter Tiefe backbordseitig auf dem Sandgrund liegt. Es war mit Fiat und Peugeot – Fahrzeugen beladen und sollte ein Ziel in Nordafrika ansteuern. Ab 33 Meter weisen
bereits Fahrzeuge den Weg zum mächtigen Schiffskörper. Und es freut mich, dass ich doch ein wenig mehr weiß, als in der Beschreibung des Buches. Wir hatten 1986 die Nasim II mehrfach betaucht, bestens geplant, denn 62
Meter mit Pressluft schüttelt man nicht aus dem Hemdsärmel, auch wenn das heute Tauchcomputer, moderate Wassertemperaturen und gute Sichtverhältnisse fälschlicherweise immer suggerieren. Der Hergang der Havarie scheint
etwas geschönt zu sein, denn uns erzählten damals kundige Einheimische, dass wohl die Konzentration im Steuerhaus durch eine Geburtstagsfeier eingeschränkt war.... Wie dem auch sei, es gab bedauerlicherweise doch Opfer
zu beklagen und zwar ein paar Tage später, als zwei Italiener, ebenfalls nur mit Pressluft tauchend, versuchten in großer Tiefe die Kofferräume der Fahrtzeuge aufzubrechen, da sie hofften auf Wertsachen zu stoßen. Beide
kamen dabei ums Leben, vermutlich hatte die Stickstoffnarkose zu große Spuren hinterlassen.
Und auf Seite 23 sehen wir das Wrack von Pomonte, wie es eigentlich jeder nennt. Das ist vor Elba zu finden und korrekt
heißt das Schiff Elviscott. Die Maximaltiefe liegt bei 12 Metern und man erreicht das etwa 50 Meter vom Ufer entfernte Wrack als Taucher und Schnorchler direkt, ohne Boot. Es ist als Kulisse für UW-Fotografen sehr schön
zu inszenieren und völlig gefahrlos zu durchtauchen. Und das hat auch eine tragische Geschichte als Hintergrund: Ein Tauchlehrer war allein in das Wrack vorgedrungen. Ein offen stehendes Schott wurde durch auflaufende
Strömung zugedrückt und es gelang ihm nicht mehr, dies zu öffnen. Der Versuch durch ein Bullauge nach außen zu gelangen, mit der abgenommen Pressluftflasche vor sich, ging schief. Er blieb er in der zu kleinen Öffnung
stecken. Daraufhin wurden von der Marine sämtliche Schotts entschärft und von daher diese Unfallgefahr ausgeschlossen.
Gerade zu Elba, der Insel mit den vielen namentlich nicht genannten Tauchplätzen könnte man noch
viel mehr sagen, doch dies würde den Rahmen des Buches, das den Anspruch erhebt alle tauchsportrelevanten Italienischen Inseln vorzustellen, sprengen.
Beim Durchblättern erwischt mich ein mediterran geprägtes Fernweh
und die Landschaften über Wasser locken mit spontaner Reiselust. Wie häufig vermisse ich die Visualisierung von Landschaften unter Wasser. Da gibt es nur ein paar Abbildungen, die diese Erwartungshaltung erfüllen, meist
sind es die üblichen Nahaufnahmen der Fauna und Flora, die in einem Bestimmungsbuch auch gut aufgehoben wären. Natürlich machen gut gestaltete UW-Landschaftbilder mit einem Taucher am richtigen Platz mehr Arbeit, aber
das ist es doch, was man unter Wasser als erstes sieht, woran man sich orientiert. Was wäre denn, wenn über Wasser eine berauschend schönen Bucht beschrieben würde und als begleitende Illustration das Portrait
einer Eidechse erschiene?
Damit sei meine Kritik aber abgeschlossen, denn die grundsätzliche Information, bis zu Anregungen für tauchfreie Tage, ist absolut gegeben. Sicherlich finden Sie Inselnamen oder Inselgruppen
in diesem Buch, die Ihnen bis dato nicht geläufig waren.
Es nimmt sie mit zu den Toskanischen Insel (Elba, Giglio, Giannutri, Capraia), den Pontinischen Inseln (Ponza, Palmarola, Ventotene, Santo Stefano), den
Neapolitanischen Inseln (Ischia, Capri), den Tremiti-Inseln (San Nicola, San Domino, Caprara), Sardinien (Capo Testa, Maddalena-Archipel, Cala Gonone, Villasimius, Golf von Cagliari, San Pietro / Carloforte,
Sant`Antioca, Bosa, Alghero, Asinara), Sizilien (Porticello, Siracusa Plemmirio, Taormina, San Vito lo Capo, Ustica, Pantelleria) den Äolischen (Liparischen) Inseln (Lipari, Volcano, Panarea, Salina, Filicudi, Alicudi,
Stromboli), den Ägasdischen Inseln (Favignana, Marettimo, Levanzo) und den pelagischen Inseln (Lampedusa, Linosa)
Fazit
Lassen Sie sich verführen,
aber denken Sie bei einer eventuellen Reiseplanung daran, dass viele der angesprochenen Inseln sehr klein sind und nur ein begrenztes Angebot an Hotel- und Privatzimmern haben. Eine frühzeitige Reservierung lässt Ihren
Urlaubstraum wahr werden.
Fakten
Tauchreiseführer Italienische Inseln
Frank Schneider, Leda Monza, Martino Motti
224
Seiten,
165 Farbfotos
19,5 x 13,3 cm (LxB)
€/D 19,95 / €/A 23,60 / sFr 39,90
ISBN 978-3-440-12316-4
Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart, 2011
www.kosmos.de