by Michael Goldschmidt 1.08
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Fakten |
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Mit dem Galileo Sol entwickelte UWATEC ein Instrument, das weit über das hinaus geht, was man langläufig als Tauchcomputer bezeichnete. Beim legendären AIR
X begann man über die Atemfrequenz bereits die körperliche Leistung des Tauchers in die Sättigungsberechnung einzubeziehen, jetzt wird mittels Sensor die Herzfrequenz direkt als Indikator herangezogen. Eigentlich müsste
der Neue bei UWATEC Leonardo heißen, denn er war als Erfinder genialer als Galileo und dessen Werke können sich auch heute längst nicht alle leisten.
Langsam nähern wir uns wieder den Dimensionen eines
Hans Hass Decobrain, dem Urvater aller Tauchcomputer. Unübersehbar ist der Galileo allemal, ob im Einsatz am Handgelenk oder in der Runde staunender Betrachter, die das gute Stück einmal aus der Nähe in Augenschein
nehmen wollen.
Für stolze 1299,- Euro bekommt man heute schon einen Hochleistungslaptop mit allen Schikanen, oder einen Galileo Sol, der sich zumindest so intelligent bedienen lässt wie ein PC und den Anwender von
daher kaum auf Irrwege in die Tiefen der Modi und Funktionen schickt.
Sollte man denn doch vom rechten Pfad abkommen, der digitale Kompass des Galileo weist den Weg – so einem die Kompassnavigation geläufig
ist.
Wirklich neu ist die Integration eines Pulsmessers der Firma POLAR, den man sich mit einem elastischen Band gehalten auf die Haut des Oberkörpers kommen lässt. Über eine Funkstrecke wird die Herzfrequenz zum
Galileo – Rechner geschickt und dort als Referenz für die vom Taucher geleistete Arbeit und davon abgeleitet als Wert der Stickstoffsättigung in die gesamte Tauchgangberechnung integriert.
Wirklich neu ist die
Möglichkeit Graustufen – Bilddateien über die PC-Schnittstelle zum Galileo zu senden, so wären Tauchplatzgrafiken mit Kurzinfos auch unter Wasser abrufbar.
Wirklich neu ist die individuelle Gestaltung des
Displays, welche Anzeigen Ihnen primär wichtig sind, können Sie selbst bestimmen.
Wirklich neu ist die Möglichkeit die Anzeige im Display um 180° zu drehen, mit dem Ziel die drei Tasten des Tauchcomputers oben oder
unten am Gehäuse bedienen zu können.
Diese Features halten wir für eine persönliche Geräteabstimmung als Innovation.
Wirklich neu ist die Eingabemöglichkeit persönlicher Informationen von bis zu 20 Zeilen, in
denen - vor allem im Hinblick auf einen Notfall – medizinisch wichtige Fakten und Ansprechpartner nach einer Notlage hinterlegt werden können.
Wirklich neu ist die Update – Fähigkeit des Galileo, so
dass man das Instrument softwareseitig stets auf dem neuesten Stand halten kann. Soweit man in Europa, USA, Kanada, Japan oder Australien auf diese Möglichkeit zurückgreifen möchte, klappt das per Internet sicher ganz
gut, aber ab Ägypten wird’s eng mit den IT - Errungenschaften des 3. Jahrtausends...
Im Wettbewerb nicht neu aber für UWATEC ein neues Feature ist der digitale Kompass, der über- und unter Wasser zu verwenden
ist. Zur Feinabstimmung örtlicher Abweichungen (Deklination), kann der Kompass einfach justiert werden. Auch die Speicherung eines Kompasskurs über- und unter Wasser ist kinderleicht – der Kurs im Display bestens
abzulesen.
Doch der Galileo stellt nicht nur die Frage nach der Tiefe, auch die Höhe misst er korrekt und kann dazu justiert werden, was man hinsichtlich der wechselnden Druckluftverhältnisse bei Bedarf täglich
durchführen sollte.
Die Flaschendruckdaten per (mitgeliefertem) Sender auf den Bildschirm angezeigt zu bekommen, ist in dieser Preisklasse wohl selbstredend „State of the Art“. Bis zu 4 Sender kann der Galileo
managen, wobei man etwa drei Sender für Flaschen im eigenen Einsatz (unterschiedliche Sauerstoffgemische) verwenden kann, ein Empfangsplatz könnte für die Flaschendruckdaten eines entsprechend ausgerüsteten Buddy frei
bleiben.
Für Tekkies interessant ist die Dekoberechnung bei Gaswechseln (vorausplanender Multi-Gas Algorithmus: Der ZH-L8 ADT MB). Die dafür notwendigen Vorgaben können im Galileo individuell programmiert werden,
sobald der Gaswechsel im Verlauf des Tauchgangs erfolgt und der Tauchcomputer entsprechend bedient wird, berechnet der Galileo auch so komplexe Rahmenbedingungen wie kein anderer.
In allen Modi kann man zudem eine
Stoppuhrfunktion aufrufen, die bei schwierigen Tauchgängen jenseits des puren Hobbyerlebnis durchaus Sinn macht.
Wem das alles zu viel ist, der kann den Galileo nur als reinen Tiefenmesser mit Tauchzeitanzeige
verwenden, Apnoetaucher oder Tech – Hardliner dürften das schätzen, nutzen dabei aber nur einen Bruchteil dessen, was der üppig programmierte Galileo so aus dem Gewand zaubern kann.
Oft schon verglichen wir
das Fliegen und Tauchen als direkt miteinander vergleichbar. Schauen wir auf die Vielzahl von Informationen, die der Bildschirm des Galileo generiert, so ist dies nur ein Beweis für unseren Vergleich. Auch sprachlich
muss man sich ein Stück weiterbilden, vor allem ist das Studium von Abkürzungen englischer Begriffe ein absolutes Muss, um zu verstehen, was alles berechnet wird, einstellbar, darstellbar und abrufbar ist. Textmenüs
werden zwar auf Deutsch (oder anderen Sprachen, je nach Bedarf online Download und Übertragung via PC auf den Galileo) angezeigt, doch was beispielweise TAT, ppO2max, BPM oder IrDA für außerirdische Kürzel sind, muss
erst anhand des 82 Seiten starken Anleitungsbuches verinnerlicht werden.
Klar kann man den Galileo auch einfach nur ans Handgelenk schnallen und ins Wasser springen, er aktiviert sich selbst und zeigt dann Daten, die
im Grunde zweifelsfrei interpretierbar sind und einen Tauchgang sicher zu absolvieren erlauben. Doch für eine so spartanische Anwendung ist dieser Tauchcomputer nicht erdacht worden und er freut sich über jeden User,
der das an Leistung aus ihm herauskitzelt, was ihm auf den taucherischen Weg gegeben worden war. Ob das eine generell hochpreisig einkaufende Zielgruppe denn tatsächlich auch tut, oder ob er denn vielfach ein
Statutssymbol wie ein Ferrari für Fahrten zum Briefkasten bleiben wird, wer weiß, das wollen wir auch gar nicht näher beleuchten.
Ein paar Eigenschaften weniger, nicht die volle Hütte an Funktionen, dafür ein Preis
für ein größeres Klientel von Durchschnittsverdienern, das könnte eine kommende Generation eines „Galileo – light“ beschreiben, denn optimale Sicherheit und gesundheitliche Vorsorge sollte keine so hohen
Eintrittspreis haben. Der im Herbst 07 vorgestellte Galileo Terra öffnet ab € 699,- den Einstieg in die erschwinglichere Kategorie der neuen UWATEC Gerätelinie. Mittels Online – Updates und dem zusätzlichen
Erwerb des Pulsmessers könnte man den Terra im von uns angestrebten Investitionsbereich sehen.
Dass man mit den Updatemöglichkeiten bereits ernst gemacht hat bei Scubapro / UWATEC, lässt sich mit dem im Herbst 07
veröffentlichten ersten Update für PDIS (Profile Dependent Intermediate Stops – Tauchprofilabhängige Tiefenstopps) bereits beweisen. Die Tauchwelt jedoch auch hier wieder mit anglizistischen Kürzeln einer
cineastischen Ufosprache zu überziehen, obwohl das Stammhaus von UWATEC in der Schweiz steht, wir verstehen das nicht – wie viele andere ebenso...
Zumindest schaffte Scubapro / UWATEC zum Zeitpunkt der
Auslieferung ihres taucherischen Morgensterns eine gut gegliederte und verständliche Anleitung in deutscher Sprache dem Anwender mit auf den Weg zu geben, eine Leistung, die durchaus nicht selbstverständlich ist und
deshalb auch erwähnt werden muss. Online kann man sich das Werk als PDF herunterladen, und wenn es auch nur darum geht, sich alle Feinheiten des Computers vor dem Kaufentscheid selbst vor Augen zu führen – siehe www.unterwasserwelt.de/PDF/galileo.pdf
Dass man Nitrox in allen Mischungsverhältnissen und in unterschiedlich vorzugebenden maximalen Sauerstoff – Partialdrücken berechnen lassen kann, erwähnen wir der Vollständigkeit halber, für Tekkies bietet der Galileo da noch wesentlich weiter gehende Funktionen und Rechenmodelle.
Praxis
Wir setzen voraus, dass man sich vor dem ersten Einsatz des Galileo ein paar Stunden Zeit genommen hat, um das Aussehen des Displays an persönliche Vorlieben
anzupassen, die Anleitung in Ruhe zu studieren und den Sender für die Druckdaten der Flasche an den Computer abzugleichen. Der Pulssender muss nicht extra mit dem Galileo „gepaart“ werden, allerdings sollte am
Tauchplatz während des Anlegens des Pulsmessers und der Aktivierung des Computers kein weiterer User eines Galileo mit Pulsmesser näher als zwei Meter sein Equipment aktivieren, denn das könnte zu fehlerhaften Pulsdaten
führen. Lesen Sie dazu genau in der Anleitung nach.
Sicher ist es ein neues Gefühl, den Pulssensor vor den Tauchgängen anzulegen und vielleicht fühlt man sich dabei zu Anfang etwas gehemmt – nur Mut, es outet
Sie als Anwender hochwertigster Tauchtechnologie und nicht als schrägen Freak, der unter Wasser für den Marathonlauf trainieren will.
Man kann auch auf den Einsatz des Pulssensors verzichten, je nach persönlicher
Einstellung des Galileo werden dann die zusätzlich die Stickstoffsättigung betreffenden Daten vom Atemverhalten abgeleitet oder schließt man das per Eingabe am Computer auch aus, rechnet der Galileo wie ein
„normaler“ Tauchcomputer. Dabei können aber noch diverse Sicherheitslevel für Mikrobläschen vermeidende Tiefenstopps vorgegeben werden.
Die Anzeigequalität ist einwandfrei und in der Größe auch noch
anpassungsfähig, hier gibt es keinerlei Punktabzüge. Frei wählbare Alarme, die deutlich optisch und / oder akustisch auf persönlich festgelegte Grenzwerte hinweisen lassen keine Wünsche offen.
Die Ablesbarkeit
während des Tauchgangs kann man als beispielhaft bezeichnen, Balkendiagramme unterstreichen die rasche Wahrnehmbarkeit wichtigster Statusmeldungen.
Für Könner in Fragen der Orientierung ist der integrierte
Digitalkompass ein wirkliches Highlight.
Ohne Zweifel ist dank der durchdachten Bedienung die Rückschau ins Logbuch auf kurzem Weg machbar, die dabei zur Verfügung stehenden 5 Datenebenen inkl. grafischer Anzeigen
machen Spaß, das persönlich erlebte Tauchabenteuer noch einmal in aussagekräftigen Daten vorgelegt zu bekommen.
Das ehemals leidige Thema Batteriewechsel ist auch vom Tisch, der Galileo wie auch der Sender
lassen den User persönlich neue Powerpäckchen einsetzen – alles handelsübliche Produkte. Nur der Pulssensor muss beim Fachhandel für den Batterieaustausch abgegeben werden.
Ach ja, an sich ist der Pulssensor
auf die Aktivierung über Feuchtigkeit ausgelegt, bei Verwendung von Trockentauchanzügen muss deshalb an in der Anleitung beschriebener Stelle der Sensor etwas befeuchtet werden.
Robust wirkt das Kunststoffgehäuse des
Galileo, optisch ansprechend dazu der matt gebürstete Metallrahmen. Stabil und auch lang genug für das Anbringen über Trockentauchanzügen ist das Armband, das mit doppelter Rastung das gute Stück sichert.
Fazit
Ja, der Galileo Sol ist ein Highend - Meilenstein in der Geschichte der Tauchcomputer. Ja, es gibt bislang kein anderes Computermodell, das so viele
Eigenschaften in sich vereint und dazu die Pulsfrequenz zur Sättigungsberechnung hinzuzieht. Nein, es ist vom Preis her gesehen kein Modell für jedermann. Für viele bleibt der Galileo ein Traum, der Ferrari in der
Tauchtasche und von denen, die ihn schon erstanden haben, werden nur wenige bereits dessen extreme Möglichkeiten ausprobiert haben. Trotzdem - schön, dass es ihn gibt.