UWW 11.04
UW-Fotobildbände handeln meistens von tropischen Gewässern. Je exotischer die Gegend desto angesehener das Buch. Auf seine Weise ist auch das vorliegende
Buch exotisch, denn es beschreibt in Wort und Bild die Unterwasserwelt eines Landes, das nicht weit weg von uns ist, aber den meisten doch so fremd vorkommen wird wie ein bengalischer Tempeltanz.
Kärnten
heißt das Wunderland, von dem der deutsche Unterwasserfotograf und Mitarbeiter von UnterWasserWelt.de „Herbert Frei“ eine Symphonie in Farbe und Melancholie abgebildet hat, die ihresgleichen sucht. Der vorliegende
Bildband ist, wenn man die Tauchszene analysiert, das Beste, was je im Süßwasser fotografiert wurde. Hinzu kommt eine moderne Grafik und ein Layout, das auf die Breite eines Bildes abzielt und dem Querformat eine ungeahnte
Dynamik verleiht. Doppelseiten mit ungewöhnlichen Sichtweisen füllen den Raum zwischen den einzelnen Kapiteln. Erstaunlich, dass in den Printmedien, die sich immer als Hüter der kreativen UW-Fotografie fühlen, praktische
Ignoranz zelebriert wurde. Mit Fischen wie Döbel, Strömer, Bachsaibling und Hasel können von Mantas und Walhaien übersättigte Menschen vermutlich wenig anfangen.
Ein Süßwasserbuch, in dem keine Taucher mit roten Lampen
gezeigt werden, ist ohnehin eine Rarität, zumindest aber erholsam fürs Auge. Gezeigt wird die Unterwasserwelt aus der Sicht des Tauchers und der Fische. Aber nicht nur. Pflanzen, Kleintiere und UW-Landschaften werden
schnörkellos ehrlich und gnadenlos gut ins Bild gesetzt. Die Aufnahme eines auf Beute lauernden Gelbrandkäfers nimmt geradezu plastische Züge an. Das Insekt mustert den Betrachter mit der animalischen Grausamkeit eines
Aliens. Wie viele Stunden der Fotograf für solche Szenen im Wasser verbringen musste, weiß nur er. Es müssen Hunderte gewesen sein, zu allen Jahreszeiten. Fanatismus, Ausdauer und Können werden sich in der Führung
abgewechselt haben. Anders kann man einen solchen Bildband nicht machen. Vergleicht man die Aufnahmen dieses Süßwasseropus mit denen bei nationalen und internationalen Fotowettbewerben, macht sich eine geradezu
erschreckende Nüchternheit breit. Was allgemein in heimischen Gewässern fotografiert wird, sind nicht selten langweilige Bergseebilder und hahnbüchene Taucherportraits. Die Heimat bietet mehr. Man muss sich nur dieses Buch
ansehen.
Mitautor ist der bekannte Kärntner UW-Filmer und Oberarzt Dr. Gerald Arnold, dessen spezielles Wissen um die Gewässer seiner Heimat von entscheidender Bedeutung bei der Planung
dieses Buches war. Gleichrangig neben nie zuvor gesehenen Bildern steht der Text, der sich einfühlsam, ehrlich und doch spannend um die Bilder rankt. Man erfährt Hintergründe, Geschichten, Legenden und sagenumwobene Mythen.
Aber auch Neues, Biologisches und Historisches. Die Texte zu Fischen, Muscheln und Wasserinsekten enthüllen fast immer Geheimnisse aus einer dem Normaltaucher verborgenen Welt.
Was gut und schön ist, muss nicht
unbedingt bei jedem ankommen und auch nicht bei allen Lesern auf positive Resonanz stoßen. Diesen Bildband finden vermutlich nur Menschen betrachtens- und lesenswert, die eine Ader für fotografische Kunst, Perfektionismus
und offensichtliche Schönheit besitzen. Gehören Sie dazu?
Wasserwelt Käntens, erschienen im Heyn-Verlag, Klagenfurt; 20 Euro + 5 Euro Porto + Verpackung
Erhältlich über frei@unterwasserwelt.de